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Chancen für die Teilzeitarbeit

Teilzeitarbeit wird immer mehr zur Norm, genauso wie das ortsunabhängige Arbeiten. Warum gerade Co-Working und Workation eine Chance für Teilzeitarbeitende sein können und wie man herausfindet, welcher Arbeitsort zu einem passt, erklären die ­beiden Buchautorinnen Maren Hoffmann und Verena Töpper.

Ihr Buch widmet sich der neuen Freiheit von mobilen Büros – von Co-Working bis Workation. Was zeichnet diese alternativen Bürokonzepte aus?
Maren Hoffmann: Wo wir arbeiten, hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie wir arbeiten. Wenn Orte keine Rolle spielen würden, würde niemand je in den Urlaub fahren – wir suchen Inspiration, Begegnungen und Möglichkeiten, uns selbst anders und neu zu erfahren. Das geht auch mit Arbeitsorten, die kreative Impulse geben können und auch unsere Interaktion mit anderen Menschen prägen.
Verena Töpper: Die Frage, wie wir arbeiten wollen, lässt sich heute nicht mehr trennen von der Frage, wie wir leben wollen. Wir haben überall Fachkräftemangel und den meisten Menschen geht es gar nicht mehr darum, in Zukunft vielleicht mal das schöne Eckbüro, den schicken Dienstwagen oder den höhenverstellbaren Schreibtisch zu bekommen. Da geht es ums grosse Ganze: Wie und wo will ich arbeiten, mit wem und auf welche Weise? Konzepte wie Co-Working und Workation helfen dabei, Antworten auf solche Fragen zu finden.

Assistenzen sind meist an die oder den Vorgesetzten gebunden. Sind solche ­Modelle überhaupt für diese Zielgruppe umsetzbar?
Töpper: Auf jeden Fall! Wir haben für unser Buch zum Beispiel mit einem Paar gesprochen, das seit 2015 auf einem Segelboot lebt und von dort aus eine Digitalagentur leitet. Die beiden beschäftigen acht Projektleiterinnen und alle können dort arbeiten, wo sie möchten. Sie haben genau definiert, wie schnell auf Chatnachrichten eine Reaktion erwartet wird oder in welchen Fällen eher E-Mails oder Telefonate angebracht sind – ich glaube, wenn man so vorgeht, funktioniert die Zusammenarbeit auch mit einer Assistenz wunderbar, auch wenn beide nicht zusammen in einem Raum sitzen.
Hoffmann: Was für wen funktioniert, ist sehr unterschiedlich und hängt sowohl vom Job als auch vom Individuum ab. Es gibt Assistenzen, die komplett remote arbeiten – die Chefin oder der Chef sind ja auch oft viel unterwegs, da kann man sich gut einspielen. Wichtig ist: miteinander reden und aus­probieren, was klappt und wo es hakt.  

Inwiefern sind Co-Working oder Workation auch eine Chance für Menschen, die einer Teilzeitarbeit nachgehen?
Hoffmann: Teilzeit ist ja ein Konstrukt, das sich an einer im Grunde willkürlich gesetzten Norm orientiert. Prinzipiell ist es eine gute Idee, Menschen den Arbeitsort zu ermöglichen, an dem sie am besten arbeiten können. Und gerade für Menschen, die vielleicht nur einige Stunden am Tag bezahlter Erwerbsarbeit nachgehen, ist die Relation zwischen Pendel- und Arbeitszeit oft ungünstig. Wer die Möglichkeit bekommt, von Lieblingsorten aus zu arbeiten oder sich einen inspirierenden Co-Working Space in der Nähe zu suchen, wird das als Wertschätzung seitens des Arbeitgebenden erleben.

Inwiefern verringert das die Interaktion zwischen den Mitarbeitenden nicht noch mehr?
Hoffmann: Das kommt auf die jeweilige Tätigkeit an. Es spricht ja nichts dagegen, auch zu mehrt mal einen besonders inspirierenden Ort für ein kreatives Treffen auszuprobieren – und das sind allemal tiefere Begegnungen als der tägliche Trott über den Büroflur. Kontakt halten ist natürlich wichtig, das geht aber auch remote, wenn man einander kennt und schätzt.
Töpper: Wenn der Plausch, den man sonst an der Kaffeemaschine hält, einfach wegfällt, wäre das tatsächlich schlecht für die Interaktion. Aber man kann sich ja auch virtuell verabreden. Bei der Digitalagentur mit den segelnden Chefs treffen sich alle pro Woche einmal zum Online-Yogaunterricht. Sie haben auch Videochats zu festgelegten Zeiten eingeführt, in denen es hauptsächlich um private Themen geht. Das halte ich für einen guten Ansatz.

Was ist bei einer Workation insbesondere aus arbeitsrechtlicher Sicht zu beachten?
Hoffmann: Mobiles Arbeiten ist grundsätzlich nur möglich, wenn es entweder einen geregelten Anspruch darauf gibt oder der Arbeitgebende explizit zustimmt. Je nach Land und Unternehmenssitz gibt es ganz unterschiedliche Regelungen.
Töpper: Wer als deutsche Mitarbeiterin oder deutscher Mitarbeiter innerhalb der EU, in der Schweiz, in Island, Liechtenstein oder Norwegen eine Workation machen will, muss eine sogenannte A1-Bescheinigung bei sich tragen. Mit der weist man nach, dass man weiter in Deutschland sozialversichert ist. Die gute Nachricht ist: Viele Arbeitgebende haben schon entsprechende Formulare vorbereitet, mit denen man diese Bescheinigung sehr einfach bekommen kann.

Wie findet man insbesondere bei einem Teilzeitjob heraus, welcher Arbeitsort für einen passt?
Hoffmann: Wie beim Augenoptiker gilt: ausprobieren – ist es so besser oder doch lieber so? Im Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen bringt man zudem in Erfahrung, was fürs Team funktioniert, und man sollte für sich herausfinden, wo und wie man gut arbeiten kann. Es hilft aber auch, sich selbst zu beobachten: An welchen Tagen war ich effektiv und zufrieden? Wo war ich und was hat mir geholfen? Was tut mir gut, was stresst mich, was fehlt mir?

Welche Tipps haben Sie für Assistenzen, die Teilzeit arbeiten und mit einer Workation oder der Arbeit im Co-Working Space liebäugeln?
Hoffmann: Auf jeden Fall sollte man das Angebot eines Probearbeitens wahrnehmen – dann bekommt man ein Gefühl dafür, ob dieser spezielle Ort gut passen könnte. Manche Spaces bieten auch Führungen an, bei denen die Teilnehmenden über Community-Aktivitäten und besondere Angebote informiert werden. Unsere Assistenzen befinden sich in der Schweiz.

Welche Adressen können Sie empfehlen?
Hoffmann: In Bern bietet die Effinger Kaffeebar eine lebendige Community, in Lichten­steig das Macherzentrum Toggenburg, das am «Summer of Pioneers» teilnimmt und sich als Wohnort für Digitalarbeitende in Szene setzen will. In Zermatt gibt es das PuraWorka, das auch eine Workation-Klientel anspricht und Einheimische mit Touristen vernetzen will. Eine gute Übersicht bietet auch die Vereinigung Coworking Switzerland.

Inwiefern haben diese Konzepte Zukunft?
Hoffmann: Die fortschreitende Digitalisierung erweitert das Spektrum möglicher Arbeitsorte immer mehr – und damit gibt es immer mehr Antworten auf die Frage, wo man eigentlich arbeiten will. Arbeitgebende tun gut daran, nicht nur flexible Arbeitszeiten, sondern auch flexible Arbeitsorte anzubieten, um begehrte Kräfte zu gewinnen und zu halten. Langfristig setzen sich Konzepte durch, die nicht mit vermieteten Schreibtischen den schnellen Euro machen wollen, sondern die Mehrwert mit Herzblut bieten: eine lebendige Gemeinschaft, eine inspirierende Architektur und Umgebung und neue Ideen, deren Kreativität ansteckt.

Buchtipp: «Arbeite doch, wo du willst!»

von Maren Hoffmann und Verena Töpper.

Die neue Freiheit im mobilen Büro: Coworking, Tiny Offices und Workation - Anregungen, Selbstversuche und Praxistipps. 

Penguin Verlag, 272 Seiten, 2023

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Christine Bachmann ist die Chefredaktorin von Miss Moneypenny.

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