premium Vom Chef gemobbt

Bossing - Im Visier der Chefetage

Was Moneypennys tun können, wenn sie das Gefühl haben, von Vorgesetzten gemobbt zu werden.

«Da übertrage ich Ihnen einmal die Verantwortung und schon läuft etwas schief!» Haben Sie diese Phrase auch schon von Ihrer Chefin oder Ihrem Chef gehört? Meist sind solche Aussagen einmalige Ausrutscher oder werden im Affekt geäussert. Wenn Beleidigungen und Anfeindungen allerdings zur Regel werden, sollten Sie sich fragen: Werde ich von meinem oder meiner Vor­gesetzten gemobbt?   

Gezielte Attacken vonseiten der Chefin oder des Chefs gegenüber Mitarbeitenden nennt man «Bossing» – und sie sind keine ­Seltenheit. Das bestätigt die Fachstelle für Mobbing und Belästigung, die zwischen
 50 bis 70 Prozent ihrer jährlichen Anfragen diesem Bereich zuordnet. Woran kann man aber ausmachen, ob die Vorgesetzten aktiv Mobbing betreiben oder ob Personen in der Führungsfunktion in den letzten Jahren «nur» der Anstand abhandengekommen ist?

Mobbing von oben

«Bossing macht eine systematische und zielgerichtete Schikane aus, die sich über einen längeren Zeitraum wiederholt», erklärt ­Claudia Stam, Inhaberin der Fachstelle für Mobbing und Belästigung. In Zahlen ausgedrückt heisst das: Über sechs Monate ­hinweg gibt es mindestens einmal in der Woche einen Vorfall, der als Mobbinghandlung zu verstehen ist. Gelegentliche Ausrutscher aufgrund eines ungezügelten Temperaments hingegen fallen nicht unter Mobbing. 

Doch was sind Mobbinghandlungen? Gemäss Regula Bärtschi, Fachanwältin für Arbeitsrecht, lassen sich diese grob in fünf ­Kategorien einteilen. Dazu gehören:

  • Einschränkungen, sich mitzuteilen: Betroffene werden stets unterbrochen oder von ihnen Gesagtes wird als unnötig dargestellt.
  • Soziale Ausgrenzung: Betroffene ­werden wie Luft behandelt.
  • Verleumdung: Hinter dem Rücken der Betroffenen wird das soziale Ansehen beschädigt.
  • Einschränkung im Arbeitsalltag: Betroffene erhalten keine Aufgaben oder solche, die unter oder weit über ihrem Können liegen.
  • Sexuelle Belästigung 

«Manchmal ist es schwierig, zu beurteilen, welche Handlungen effektiv unter Mobbing fallen», sagt Bärtschi. So könne es vorkommen, dass ein Mitarbeiter nicht die Arbeitskraft leistet, die sich die Firma vorgestellt hat, und der Vorgesetzte infolgedessen den Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum immer wieder abmahnen muss. «Hier gehen mitunter die Aussen- und die Innenwahrnehmung auseinander: Während die betroffene Person der Ansicht ist, alles zur vollsten Zufriedenheit zu erledigen, rauft sich die oder der Vorgesetzte die Haare.»

Abgesehen von der Wahrnehmung sollten Konfliktfälle auf gar keinen Fall hingenommen und es sollte nicht darüber geschwiegen werden, rät Claudia Stam. Betroffene sollten vielmehr die Konfliktsituationen direkt bei der Person ansprechen, die das Bossing ausübt. «Falls das nicht möglich ist, sollte man sich Unterstützung bei nächsthöheren Vorgesetzten oder bei HR-Verantwortlichen suchen.» Eine weitere Möglichkeit sei, sich bei einer externen Fachstelle, wie beispielsweise ihrer, beraten zu lassen.

Wie kann ich für mich selbst einstehen?

Die Fachstelle für Mobbing und Belästigung bietet eine Anlaufstelle für Personen, die sich selbst nicht mehr zu helfen wissen. Nebst einer Beratung, in der konkrete Handlungsempfehlungen thematisiert werden, hilft diese auch beim Kontakt mit der Chefetage. Sie steht Betroffenen bei Gesprächen mit Arbeitgebenden zur Seite und bietet ein Coaching für den Arbeitsalltag. Weiter helfe sie dabei, wenn man eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt hinzuziehen müsse.

Jedoch sollten Betroffene mit Vorsicht gegen Vorgesetzte vorgehen, damit die Situation nicht eskaliere. «Wobei ich jeder oder jedem Betroffenen eine Beratung bei einem Anwalt oder einer Fachstelle empfehle, zumal die Gespräche dort der Schweigepflicht unterliegen», sagt Regula Bärtschi. Zwar hätten Unternehmen gegenüber den Arbeitnehmenden eine Fürsorgepflicht, aber je gefestigter die oder der Vorgesetzte im Unternehmen sei, desto schwieriger werde es im Fall einer Beschwerde wegen Mobbing.

Dos im Fall von Bossing

Betroffene von Bossing sollten sich auf ­keinen Fall in die Opferrolle begeben, «damit man gar nicht erst in eine Abwärtsspirale gerät», rät Regula Bärtschi. Vielmehr sollten sie in einem ersten Schritt ihre Bürogspändli um eine erste Einschätzung bitten. Als ­zweiten Schritt sollten Betroffene die ­Vorfälle dokumentieren. Das bedeute, konkrete Situationen aufzuschreiben, damit man prüfen könne, ob tatsächlich systematisches Mobbing vorliegt.

Die einfachste Lösung jedoch, einer unangenehmen Arbeitsumgebung zu entkommen, sei und bleibe aber, den Job zu wechseln. Im Abschlussgespräch mit den HR-Verantwortlichen könne man das Problem dann immer noch zur Sprache bringen: «Allerdings würde ich in diesem Fall damit warten, bis man das Arbeitszeugnis hat», empfiehlt Rechtsanwältin Regula Bärtschi.

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Online-Redaktorin, Miss Moneypenny. 
luisa.schmidt@missmoneypenny.ch

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