Das Wichtigste an einem durch und durch gelungenen Teambuilding-Event sind folgende beiden Grundsätze: Erstens, die Auswahl der geeigneten Mitarbeiterschikane ist Chefsache. Nur er weiss, was das Team braucht. Involvierte Sekretärinnen dürfen aus Effizienzgründen Vorschläge unterbreiten, wovon allerdings keiner gut genug sein wird, bis der Chef am Ende eine von ihm verfeinerte Variante des vor zwei Monaten bereits vorgestellten Schabernacks durchwinkt. Zweitens, der Event wird bis kurz vor dem Start als absolute Geheimsache gehandhabt. Zuwiderhandlungen gelten als Hochverrat im Sinne von Paragraph II, Absatz 3 der internen Event-Leaks-Richtlinie und können mit Archiv-Aufräumdienst bis zu zwei Jahren geahndet werden. Wer fahrlässig Worte wie SNOW-board-EN oder Ähnliches gegenüber Kollegen fallen lässt, kann froh sein, wenn er zukünftig wieder in die Schweiz einreisen darf und nicht auf dem Moskauer Flughafen Asyl beantragen muss.
Aber Spass beiseite! So ein Teambuilding-Event ist eine ernste Sache. Im Duden gibt es dafür übrigens keine deutsche Bezeichnung, was darauf hindeutet, dass es sich um eine angelsächsische Erfindung handelt, die aus selbstbestimmten Angestellten auf spielerische Art und Weise Corporate Lemminge macht. Eine Eventagentur beschreibt es so: «Mit originellen und mitreisenden Veranstaltungen gelingt es, den Teamgeist zu stärken und Reibungsverluste zu minimieren.» Schön gesagt, nicht wahr? Reibungsverluste sind – unter normalen Arbeitsbedingungen – hochqualifizierte Mitarbeiter, denen bei der hochalpinen Skitour auf halbem Weg die Luft ausgeht. Es sind Teammitglieder, die sich trotz Ermunterung der Kollegen: «Du musst einfach mal deine Komfortzone hinter dir lassen», weigern, den Quatsch weiterzumachen und am Ende dem Chef entgegenschleudern: «Du kannst mich mal, du unterernährter Tyrann!» Reibungsverluste sind Leute, die heute wieder auf Jobsuche sind.
In Wahrheit ist ein Teambuilding-Event nichts anderes als ein Hinterhalt. Unter dem gängigen Vorwand einer Klausurtagung werden arglose Mitarbeiter, Funktionäre und Reservisten in die Spassfalle gelockt. Haben sie erst mal im Fünfsternehotel eingecheckt und an der Bar ein paar karrierewirksame Networking-Gespräche geführt, gibt es kein Zurück mehr. Bei der genüsslichen Enthüllung des Teamevents durch den Chef werden, wenn es optimal läuft, sämtliche offensichtlichen und unterschwelligen Ängste der Mitarbeiter bedient. Die Emporkömmlinge applaudieren, die Übermütigen klopfen dem Chef in der allgemeinen «We Are Family»-Euphorie auf die Schultern. Die anderen hoffen, wenigstens nicht unangenehm aufzufallen. Es ist deshalb auch kein Wunder, dass Teamevents immer Wettbewerbe sind: Holzfäller-Olympiade, Pappboote-Rennen, Wander-Konkurrenz, Schneeschuh-Rally, Mountainbike-Challenge, Canyoning-Race, Feuerlauf-Championship. Was auch immer passiert, der Chef ist immer ganz vorne und den Letzten beissen die Hunde.
Zu diesem Thema hat sich eine findige Eventagentur, die Mutter aller Teamförderungsveranstaltungen einfallen lassen: Bombenentschärfung als Teambuilding. Speziell geeignet für Firmen, die sich mit dem Gedanken eines Stellenabbaus tragen. Der Coach erklärt die Regeln: «Alle Mitarbeiter über 50 stellen sich bitte ganz vorne bei der Bombe auf. Ansonsten gilt: Frauen und Kader zuerst. Wer den Spass überlebt, darf beim Apéro zur Belohnung zwei Glas Prosecco trinken. Tschakka!»