premium Schweizerinnen im Ausland

Raus aus der Komfortzone

Die Liebe brachte Selina Burger nach Singapur. Dort arbeitet die Schweizerin seit Anfang 2023 als Office-Managerin beim ZDF-Auslandsstudio – vom Arbeiten in einem internationalen Umfeld und von kulturellen Unterschieden.

Rund 10 000 Kilometer von der Schweiz entfernt, in Südostasien, befindet sich der multiethnische Stadtstaat Singapur. Hierhin zog es im Oktober 2022 die Schweizerin Selina Burger gemeinsam mit ihrem Lebenspartner. «Er bekam ein Jobangebot und musste sich ziemlich schnell dafür entscheiden. Mir war sofort klar, dass ich mit ihm nach Singapur ziehen und mich auf dieses Abenteuer einlassen möchte.» Burger kündigt ihre Stelle in der Schweiz als Leiterin Frontsupport bei der Raiffeisenbank Wasserschloss in Gebenstorf, packt ihre Koffer und übersiedelte nach Singapur – ohne eigenes Jobangebot. «Ich wollte den Umzug als Chance nutzen, eine kleine Auszeit zu nehmen, und habe mich deshalb bewusst erst in Singapur nach einem Job umgesehen.»

Als sie nach einigen Wochen die grössten Umzugshürden überstanden hatte, startete Burger ihre Jobsuche. «Ich bewarb mich zuerst bei diversen Banken, da ich in der Schweiz in den letzten Jahren in dieser Branche tätig war. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass die Bankenwelt in Singapur nicht auf mich gewartet hatte.» Viele Stelleninserate, die Selina Burger anschaute, erforderten einen Bachelor- oder Masterabschluss. Ihre kaufmännische Ausbildung inklusive Berufsmaturität und Weiterbildung im Bereich Rechnungswesen hatten in Singapur leider keinen hohen Stellenwert, da diese Abschlüsse nicht international anerkannt beziehungsweise ­vergleichbar waren.

Wie also weiter? «Ich überlegte mir, was meine Vorteile gegenüber anderen Jobsuchenden in Singapur sind, und erkannte: meine Deutschkenntnisse.» Selina Burger machte sich deshalb auf die Suche nach deutschen und Schweizer Unternehmen in Singapur und fand so ihre heutige Stelle. «Das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) suchte nach einer Office-Managerin in seinem Auslandsstudio in Singapur. Ich reichte sofort meine Bewerbung ein und wurde kurz da­rauf zum Interview eingeladen. Wir waren uns sofort sympathisch» – so erhielt sie im Februar 2023 die Stelle, in der sie inzwischen angekommen ist. «Sie ist reizvoll, weil ich mit ihr in die neue Kultur eintauchen und etwas Neues wagen sowie aus meiner Komfortzone ausbrechen und mir ein Leben in einem fremden Land aufbauen kann.»

Selina Burger

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Selina Burger

Foto: zVg

Selina Burger kam 1996 in Effingen zur Welt. Sie absolvierte von 2012 bis 2015 die Ausbildung zur kaufmännischen Angestellten mit Berufsmaturität in Frick. Danach arbeitete sie von 2015 bis 2021 in verschiedenen Positionen bei der Raiffeisen Gruppe im aargauischen Frick – angefangen als Mitarbeiterin Finanzadministration über Mitarbeiterin Frontsupport bis hin zur stellvertretenden Leiterin Frontsupport/Backoffice. Zwischen 2017 bis 2019 absolvierte sie zudem die Ausbildung zur Sachbearbeiterin Rechnungswesen. 2021 wechselte sie zur Raiffeisenbank Wasserschloss in Gebenstorf und arbeitete dort als Leiterin Frontsupport bis September 2022. Danach ging sie mit ihrem Lebenspartner nach Singapur. Seit Februar 2023 ist sie dort als Office-Managerin beim ZDF-Auslandsstudio Singapur tätig.

Berufsalltag in Singapur

Das ZDF-Auslandsstudio in Singapur ist ein kleiner Auslandstandort, der für die Berichterstattung in ganz Süd- und Südostasien zuständig ist. Selina Burgers Team ist viel unterwegs. «Eine meiner Hauptaufgaben besteht daher aus Buchungen und Abrechnungen diverser Dienstreisen – ob Flüge, Hotels oder Transporte, die gebucht werden müssen» oder das Beantragen von Visa, was meist die Kontaktaufnahme mit örtlichen Behörden und Botschaften verlange.

«Zudem bin ich zuständig für die Buchhaltung und den Zahlungsverkehr des Studios. Hinzu kommen einige HR-Aufgaben wie Gehaltsabrechnungen, Urlaubsplanung, Arbeitsgenehmigungen und die Koordination von Praktikanteneinsätzen.» Zu guter Letzt ist die engagierte Office-Managerin dafür zuständig, dass der Standort mit allem ausgestattet ist, was im täglichen Betrieb erforderlich ist: angefangen bei der Materialbeschaffung über die Postbearbeitung bis hin zur Koordination von Wartungen und Reparaturen.

Die grössten Herausforderungen für Selina Burger sind kultureller Natur, da in Singapur oft nach dem Motto «Dienst nach Vorschrift» gearbeitet wird. «Das heisst, die Aufgaben müssen immer detailliert niedergeschrieben sein und es wird stets nur strikt nach Arbeitsanweisung gearbeitet. Kreativität und Pragmatismus geraten dadurch in den Hintergrund.»

Zudem seien viele Unternehmen sehr hierarchisch organisiert. Hinzu kommt auch die Sprachbarriere, obwohl in Singapur primär Englisch gesprochen werde. «Aber man muss sich an den Akzent gewöhnen», meint Burger mit einem Schmunzeln. Die Zeit zwischen Umziehen, im Land ankommen und einen Job finden war für Selina Burger sehr durchgetaktet. Von daher gab es wenig Zeit, sich für diese neue Kultur spezifische Fähigkeiten anzueignen.

«Aber das braucht es auch nicht unbedingt», ist sie überzeugt. «Das Wichtigste ist, dass man offen und lernbereit ist und nicht sofort den Kopf in den Sand steckt, falls etwas mal nicht so funktioniert wie gewünscht. Andere Länder haben nun einmal andere Abläufe und Vorgehensweisen.» Da brauche es Zeit und Geduld, sich einzuleben, sich anzupassen und die lokalen Prozesse kennenzulernen. Aber bei jedem neuen Job seien die ersten Monate intensiv. Sobald man aber eine gewisse Routine erreiche und wisse, wo man bei Unklarheiten nachfragen kann, werde es leichter.  

Digital in die Zukunft

«Singapur ist ein sehr fortschrittliches Land, das bereits heute vieles digital abwickelt. Beispielsweise erspart die digitale Identität viele Behördengänge. Auch gewinnen weitere digitale Tools und die künstliche Intelligenz an Stellenwert, was auch eine Veränderung und Anpassung des Arbeitsalltag bedingt», antwortet die Office-Managerin auf die Frage, welche Trends und Zukunftsaussichten sie in ihrem Land beobachte. Allerdings werde künstliche Intelligenz in ihrem Bereich eher dezent genutzt. «Lediglich bei wichtigen Schreiben und E-Mails in Englisch lasse ich den Text von künstlicher Intelligenz überprüfen und allenfalls korrigieren – aber das wird sich sicher noch ändern.»

Wenn sie heute nochmals den Job wechseln könnte, wäre es für Selina Burger immer noch eine internationale Tätigkeit. «Die Entwicklung, die man persönlich und beruflich erlebt, ist enorm. Ich geniesse es, täglich neue Menschen und Kulturen kennenzulernen und meinen Horizont zu erweitern.» Etwas, das sie übrigens nicht nur vor Ort tut, sondern seit Kurzem auch wieder in der Schweiz. Dort absolviert sie zurzeit parallel zu ihrem Job in Singapur via Onlineunterricht die Weiterbildung zur Executive Assistant mit eidgenössischem Fachausweis. «So lerne ich nicht nur etwas Neues dazu, sondern bleibe weiterhin in Kontakt mit der Heimat.»

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Christine Bachmann ist die Chefredaktorin von Miss Moneypenny.

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