premium Workation in der Praxis

Work-Life-Balance verbessern

Workation klingt nach arbeiten mit Laptop am Strand. Doch der Schein trügt, weiss Co-Founder Isabelle Wildhaber von der Vamoz AG, die für Mitarbeitende diverser Firmen solche Aufenthalte einfädelt. Sie erklärt, worin der Vorteil für Unternehmen liegt und welche Regelungen bestehen. Zusätzlich berichten vier Personen aus Betrieben, in denen Workations möglich sind, wie das bei ihnen so läuft.

Für viele Unternehmen ist die Einführung von Workation nicht nur eine Möglichkeit, die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeitenden zu verbessern, sondern auch ein kultureller Schritt, der zur Unternehmensphilosophie passt. «Reisen fördert die Entwicklung unserer Mitarbeitenden und wir möchten ihnen ermöglichen, ihrer Leidenschaft für das Reisen auch ausserhalb der Ferientage nachzugehen», sagt Walter Jung, Chief People Officer der Hotelplan Group. Zudem entspreche diese Arbeitsform auch der Leadership-Haltung im Betrieb: «Wir vertrauen unseren Mitarbeitenden, dass sie, egal, von wo aus sie arbeiten, ob vor Ort, zu Hause oder vom Ferienort aus, gleich gut arbeiten.»

Ähnlich sieht es Valerie Schmutz, HR Business Partner beim IT-Dienstleister Isolutions AG. «Mit Workation stärken wir den «work from any­where»-Ansatz und bieten unserem Team eine einmalige Mitarbeitererfahrung. Unsere Kultur ist geprägt von Vertrauen und Neugierde, daher war es für uns naheliegend, dass wir Workation einführen.» 

Doch auch Unternehmen, bei denen es vielleicht weniger naheliegend erscheint als bei einem Reiseanbieter und einem IT-Dienstleister, sehen die Vorteile von Workation als Benefit. So bieten die Migros Fachmarkt AG und Helvetia Versicherungen ihren Mitarbeitenden ebenfalls diese Möglichkeit. «Bei uns können alle, die einen Wohnsitz in der Schweiz haben, an maximal 30 Arbeitstagen pro Kalenderjahr von einem Arbeitsort im EU- oder EFTA-Raum aus arbeiten», erzählt Carmela Schuler, CEO-Assistentin und Verantwortliche der Unternehmenskommunikation bei der Migros Fachmarkt AG. Zwingend sei einzig, dass die Funktion sichergestellt und die Zustimmung der Führungskraft eingeholt sei.

Auch bei Helvetia können Mitarbeitende mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis im gesamten EU-Raum Workations absolvieren, wie Eric Zeller, Pressesprecher Helvetia Versicherungen Schweiz, aufzeigt: «Aus rechtlichen Gründen sind diese Worka­tions jedoch auf 20 Arbeitstage pro Kalenderjahr limitiert. Für Länder ausserhalb der EU müssen zudem entsprechende Regelungen abgeklärt und individuell geprüft werden.» Ebenso müsse im Voraus mit der vorgesetzten Führungskraft abgesprochen werden, inwiefern die Workation in der gewünschten Zeit arbeitstechnisch und mit Blick auf die Personalsituation realisierbar sei.

Planung ist alles

Vorabklärungen bezüglich Realisierbarkeit und ein Risikomanagement sind das A und O. Das weiss auch Isabelle Wildhaber, Co-Founder der Vamoz AG, die inzwischen über 1000 Workation-Anfragen über ihre Plattform bearbeitet hat. Jedes Unternehmen, das Workation anbieten möchte, müsse zuerst individuell abwägen, wie es mit dem Thema Remote-Arbeit im Ausland umgehen möchte: «Also wem das Angebot offensteht, wie viele Tage pro Jahr und in welchen Ländern. Ausserdem müssen rechtliche Fragen vor dem Aufenthalt geklärt werden – von ­möglichen Visa- und Immigrationsregulierungen bis hin zu ­sozialversicherungs- oder steuerrechtlichen Fragen.»

Wichtig sei es auch, die Erwartungshaltung von Mitarbeitenden wie auch des Unternehmens zu klären. «Das betrifft die vereinbarten Arbeitszeiten, die Erreichbarkeiten sowie die Abgrenzung zwischen Arbeit und Ferien während eines Aufenthalts.» Es gehe gerne vergessen, dass auch bei dieser Arbeitsform die arbeitsrechtlichen Be­stimmungen einzuhalten sind. «Hier braucht es klare Rahmen­bedingungen.»

Themen, mit denen sich auch Valerie Schmutz, HR Business Partner bei der Isolutions AG, intensiver auseinandergesetzt hat. Die wichtigsten Regelungen hätten sie bei Isolutions in einem Workation-Reglement zusammengefasst. «Dort steht beispielsweise, dass die Probezeit erfolgreich beendet, man mindestens ein halbes Jahr im Unternehmen tätig sowie im ungekündigten Arbeitsverhältnis sein muss.»

Weiter fänden sich darin auch rechtliche Aspekte. «Beispielsweise dürfen unsere Mitarbeitenden nicht in Länder reisen, die vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) als Risikoland ­definiert sind, wie momentan beispielsweise die Ukraine oder Russland. Ausgeschlossen sind auch Länder, bei denen der Zeitunterschied zwischen der Schweiz und dem Zielland zu gross ist.» 

Wichtige Punkte im Reglement seien zudem der richtige Umgang mit der Data Security sowie die Kenntnisnahme des Personalreglements: «Auch im Zielland müssen unsere Richtlinien eingehalten werden, denn die Fürsorgepflicht des Arbeitgebenden gilt über die Landesgrenzen hinaus», betont Valerie Schmutz.

Aus diesem Grund besitzt auch die Hotelplan Group ein Reglement für die hybride Arbeit, wie Walter Jung, Chief People Officer, mitteilt: «Bei Workations gelten die gleichen Spielregeln wie im Homeoffice. Es muss transparent sein, wann gearbeitet wird, und die Mitarbeitenden müssen sicherstellen, dass sie zu den vereinbarten Zeiten erreichbar sind.»

Reglemente sind wichtig, betont auch Isabelle Wildhaber von Vamoz, damit die Erwartungshaltungen geklärt seien, aber auch, um dafür zu sensibilisieren, warum nicht alle Workations erlaubt werden können. «Für viele Mitarbeitende ist es beispielsweise unverständlich, warum Arbeiten im Walliser Chalet möglich ist, aber nicht im Ferienhaus in Südfrankreich. Sie sind sich nicht bewusst, dass das beispielsweise steuer- oder sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen haben kann.»

Workation: Es funktioniert!

Trotz Hindernissen und Hürden: Einmal eingeführt, macht es Arbeitgebende attraktiver, ist Wildhaber überzeugt. «Ein grosses Plus gerade in Zeiten des Fachkräftemangels.» Zumal zahlreiche Workation-Absolventinnen und -Absolventen rückmeldeten, dass sie künftig lieber auf einen Bonus als auf eine solche Möglichkeit verzichten würden.

Hinter dem Wunsch, im Ausland zu arbeiten, stecken oft familiäre Gründe, wie Wildhaber bei den über 1000 Anfragen feststellte. «Eine grosse Mehrheit der Anfragen ging auf Familien- oder Pflegeanfragen zurück und nicht auf Strandurlaube.» Und dennoch hält sich dieses Bild hartnäckig in unseren Köpfen. «Ja», sagt Wildhaber, «die Realität ist aber eine andere.» Fakt sei, die meisten Mitarbeitenden möchten ihren beruflichen Verpflichtungen nachkommen und gleichzeitig ihre Work-Life-Balance verbessern. Sei es, um Verwandte im Ausland zu besuchen oder zu pflegen oder längere Familienzeiten zu geniessen.

Die bisherigen Erfahrungen von Unternehmen zeigen, dass Workations gut ankommen, wie auch unsere Gesprächspartnerinnen und -partner bestätigen. «Viele unserer Mitarbeitenden meldeten zurück, dass der Feierabend während einer Workation fägt, weil man einen Tapetenwechsel geniessen oder mit der Familie in den EU- oder EFTA-Ländern Zeit verbringen kann», sagt Valerie Schmutz.

«Es funktioniert!», ist auch für Walter Jung das wichtigste Learning: «Unsere Mitarbeitenden schätzen und nutzen das Angebot und an der Arbeitsqualität oder der Produktivität hat sich nichts geändert.» Workations sind somit eine Win-win-Situation für alle Beteiligten, wenn sie gut geplant und umgesetzt werden.

Kommentieren 0 Kommentare

Christine Bachmann ist die Chefredaktorin von Miss Moneypenny.

Weitere Artikel von Christine Bachmann
Log in to post a comment.

KOMMENTARE

ADD COMMENT

Das könnte Sie auch interessieren