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Was ist überhaupt … Design Thinking?

Tönt wichtig und irgendwie nach Innovation. Aber was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff, der in aller Munde ist? Miss Moneypenny hat einen Experten gefragt.

SAP macht es, Swisscom macht es und Airbn­b auch: Design Thinking ist angesagter denn je. Der Ansatz hat sich vor allem in grossen Unternehmen durchgesetzt, aber auch immer mehr KMU setzen darauf, wenn es um die Entwicklung neuer Produkte oder die Neuorganisation von Arbeitsabläufen geht. 
 

Um was geht’s? 

Design Thinking ist mehr als eine simple Methode. Es ist ein Denkansatz, mit dem unterschiedlichste Herausforderungen in Unternehmen angegangen und neue Ideen entwickelt werden können. «Zentral beim Design Thinking ist die Betrachtung des Problems und nicht die der Lösung», erklärt Hans Kaspar Hugentobler, Dozent an der Hochschule Luzern und Gründer von Maloya Labs. Damit unterscheidet sich der Ansatz stark von anderen Business- oder Analysekonzepten. «Ein Designer kennt die Lösung nicht und sucht ganz offen nach Erkenntnissen», sagt Hugentobler. Und genau so geht jeder vor, der Design Thinking betreibt. Statt mit der Lösung zu beginnen, wird erst mal gründlich geschaut, wo überhaupt Veränderungsbedarf besteht und was in Zukunft anders und besser sein soll. Am besten funktioniert das in Teams mit Teilnehmern aus unterschiedlichsten Richtungen. Dann hat jeder eine andere Sichtweise, sieht andere Probleme und hat andere Lösungsvorschläge. Und erst wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, geht es an die Prüfung der Praxistauglichkeit. 
 

Wer hat’s erfunden?

Der Begriff ist vom Ursprung her ein alter Hut. Walter Gropius, der Gründer des Bauhauses, versammelte in den 1920er-Jahren Vertreter verschiedener kreativer Disziplinen und liess sie gemeinsam Lösungen für komplexe Frage­stellungen erarbeiten. Er ging davon aus, dass durch die unterschiedlichen Sichtweisen von Künstlern, Architekten, Musikern, Gestaltern oder Schauspielern ganz neue Ideen entstehen. Der Stanford-Professor David Kelley nahm sich das zum Vorbild, öffnete den ursprünglich künstlerisch-gestalterischen Denkansatz und übertrug ihn auf wirtschaftliche und politische Fragestellungen. Er erfand den Begriff «Design Thinking» und gründete 1991 die «d.school», die sich ganz auf die Erforschung und Lehre des Ansatzes konzentrierte. 
 

«Zentral beim Design-Thinking ist die Betrachtung des Problems und nicht die der Lösung.»

 
Mit Hasso Plattner, dem Gründer von SAP, fand der Ansatz dann den Weg in die unternehmerische Praxis: Der Unternehmer war so begeistert davon, dass er ihn in seinem Konzern etablierte. Die Produkte, die Unternehmensstruktur, die Vertriebswege – bei SAP wird alles mit Design Thinking entwickelt. Plattner beschränkte sich nicht nur auf sein Unternehmen. Er gründete 2005 an der Stanford University das «Hasso Plattner Institute – School of Design Thinking», das mittlerweile mit Hochschulen weltweit zusammenarbeitet und den Denkansatz weiterverbreitet. 
 

Wofür wird’s benutzt?

Design Thinking eignet sich für jedes Problem, bei dem die Lösung noch unbekannt ist. «Wenn es um Innovationen geht, dann ist der Ansatz sehr gut», bringt es Hugentobler auf den Punkt. Der Tesla ist sein Lieblingsbeispiel. «Um einen neuen Tesla zu bauen, sind Inge­nieure super. Wenn es aber darum geht, herauszufinden, ob man überhaupt einen Tesla braucht, dann ist Design Thinking das richtige Werkzeug», sagt er. Mit Innovationen sind aber nicht nur neue Produkte gemeint, sondern jede Situation, in der Altes auf den Prüfstand gestellt und etwas verändert werden soll. 
In Unternehmen und Organisationen können das auch Arbeitsabläufe sein, neue Vertriebswege oder gleich die ganze Unternehmensstruktur. Aber auch für grosse gesellschaftliche und politische Probleme hält Hugentobler den Ansatz für geeignet. «Ein Rentensystem oder die Gesundheitsversorgung mit Design Thinking zu betrachten ist sehr spannend», erklärt er. 
 

Wie funktioniert’s? 

Im Grunde geht Design Thinking ganz einfach: Man hat ein Problem, stellt ein interdisziplinäres Team zusammen und gibt ihm Raum, Zeit und Material zum Denken, Ausprobieren und Rumspinnen. Und am Ende hat man mehrere Lösungsvorschläge, die weiterverfolgt und eventuell realisiert werden können. 
 

Macht’s auch Probleme? 

Was so einfach tönt, ist oft nicht einfach umzusetzen. «Typischerweise sind Unternehmen in starre Abteilungen gegliedert», erklärt Hugentobler. Diese Struktur muss für die Bildung eines interdisziplinären Teams erst einmal aufgebrochen werden. Ein weiteres Problem seien Menschen, die bisher immer analytisches Denken gewohnt seien. «Die fremdeln wahrscheinlich erst mal mit dem Denkansatz», sagt Hugentobler. Aber eigentlich könne es jeder und mit ein bisschen Hilfe gelinge es auch den analytischen Naturen gut. Ein weiteres Problem sind Zeit, Raum und manchmal auch Geld. Einige der Methoden sind kostenintensiv. Andere brauchen ihre Zeit, denn kreatives Denken unter Zeitdruck ist ein schwieriges Unterfangen. Und wieder andere brauchen einen physischen Ort, an dem man sich austoben kann. «Aber es lohnt sich, das mal auszuprobieren», so Hugentobler. 
 

Was bringt’s? 

Im besten Fall kommt man mit Design Thinking zu Produkten, die wirklich neu sind. Zu Lösungen für Probleme, von denen man noch gar nicht wusste, dass man sie hat. Zu zukunfts­tauglichen Konzepten, die alle Beteiligten zufrieden machen. Und das sind genug Gründe, um es mal auszuprobieren. 
 
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