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Was ist überhaupt … Blockchain?

Wer über Blockchains spricht, spricht meist auch über Kryptowährungen wie Bitcoin. Doch die Technologie geht weit darüber hinaus. Enthusiasten bezeichnen sie als «Internet der Verträge» und gehen davon aus, dass sie unsere Welt auf ähnlich gravierende Weise verändern wird wie die Erfindung des Internets selbst. 

Um was geht’s?

Eine Blockchain ist erstmal nichts anderes als eine Datenbank, in der Transaktionen zwischen verschiedenen Parteien gespeichert und Veränderungen erfasst werden. So weit, so einfach. Entscheidend ist aber der Unterschied zu herkömmlichen Datenbanken.

  1. Blockchain besteht nicht aus einem Dokument, zum Beispiel einer Tabelle, sondern aus einer Kette aus aufeinander aufbauenden Blöcken. Jeder neue Block enthält über eine Referenz alle Informationen aus den vorherigen Blöcken. Man kann also nur neue Einträge hinzufügen, aber keine alten löschen oder verändern.
  2. Die Blöcke liegen nicht alle auf einem Server, sondern auf vielen verschiedenen Rechnern. Eine Blockchain ist deshalb eine Datenbank ohne einzelne Besitzer.
  3. Jede Transaktion wird von so genannten Minern, den Buchhaltern, verifiziert. Sie überprüfen, ob die Codes und die Historie in den Blöcken stimmen, und teilen sie mit dem gesamten Netzwerk. Ein verifizierter Block wird dann versiegelt und die darin enthaltenen Informationen sind für immer von jedem einsehbar.

So entsteht ein transparentes, dezentrales und manipulationssicheres System, in dem jeder mit Zugang zur Blockchain jederzeit alle Veränderungen der Transaktionen nachvollziehen kann. Um manipulativ in die Blockchain einzugreifen, also eine bereits getätigte Transaktion zu verändern, müssten alle Blöcke einer Kette geändert werden. Ein Ding der Unmöglichkeit, zumal die Blöcke ja alle auf unterschiedlichen Rechnern liegen. «In einem solchen System muss man niemandem mehr vertrauen, man kann immer alles nachschauen», sagt Tobias Schwarz, Blockchain-Enthusiast und Mitgründer des Bundesverbands Blockchain in Deutschland.

Wer hat’s erfunden?

Erfunden wurde die Blockchain-Technologie von einer Person mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto. Er wollte mit Bitcoin eine neue, vertrauenswürdige Währung ohne einen Mittelsmann wie eine Bank schaffen und brauchte dafür so etwas wie ein gemeinsames und öffentliches Kassenbuch. Das wurde die erste Blockchain.

«Enthusiasten träumen von einem fälschungssicheren Wahlsystem via Blockchain.»

Wie funktioniert’s?

Die Transaktionen oder Informationen werden bei der Blockchain-Technologie in Blöcken gespeichert. Die Art der Information ist dabei unwichtig. Eine Finanztransaktion, ein Vertrag, ein Testament, Aktien, Kaufverträge: All das kann in einem Block gespeichert werden. Die an einer Transaktion beteiligten Parteien können ihre Transaktion über ein Softwareprogramm in die Blockchain einstellen, der entstehende Block wird mit allen vorherigen verbunden und enthält die Historie in Form einer Prüfsumme des vorhergehenden Blocks und damit die der ganzen Kette. Zum Beispiel kauft A ein Haus von B und zahlt dafür Summe X. Die Information wird als Block gespeichert, der Block wird mit den Blöcken «B gehört das Haus» und «A hat Summe X auf dem Konto» sowie allen anderen für die Historie entscheidenden Blöcken verbunden. Die Miner überprüfen dann, ob die Historie stimmt und ob die Transaktion stattgefunden hat. So wird sichergestellt, dass A die Summe tatsächlich zahlen kann, B das Haus gehört und natürlich auch, dass A das Haus jetzt gekauft hat. Danach versiegeln die Miner den neuen Block und die darin enthaltenen Informationen sind für alle Ewigkeit, unveränderlich und für jeden sichtbar gespeichert. Jeder kann sehen, dass das Haus jetzt A gehört. Die Transaktion von A und B ist jetzt zwar für alle in der Blockchain einsehbar, wer A und B sind, bleibt aber geheim. Dies wird durch eine asymmetrische Verschlüsselung mit zwei Schlüsseln gewährleistet. Jede Transaktion, also jeder Block, bekommt einen öffentlichen Schlüssel, der einsehbar ist. Und jeder Teilnehmer hat einen privaten, der wie ein Passwort funktioniert und nur ihm bekannt ist. Jede Transaktion innerhalb der Blockchain wird mit Hilfe des privaten Schlüssels signiert. Ohne Signatur ist die Transaktion ungültig. Durch die asymmetrische Verschlüsselung ist es unmöglich, den privaten Schlüssel nur anhand des öffentlichen Schlüssels zu erraten.

Wofür wird’s benutzt?

Die Blockchain-Technologie wird bisher vor allem bei Kryptowährungen genutzt, wo sie als Kassenbuch fungiert. Doch das muss nicht so bleiben. «Das Ganze ist ein explodierendes Öko-System, wofür es genutzt werden kann, wissen wir noch gar nicht», sagt Tobias Schwarz. Denkbar und zum Teil schon umgesetzt sind auch Möglichkeiten ausserhalb von Finanztransaktionen. Mit der Blockchain-Technologie könnten beispielsweise Smart Contracts, also intelligente Verträge, abgewickelt und ihre Einhaltung überwacht werden. In Estland hat bereits ein Paar über Blockchain geheiratet. In der Musikindustrie könnten Urheberrechte in einer Blockchain gespeichert werden. Das System könnte kontrollieren, wer wann einen Song herunterlädt, und entsprechende Massnahmen zur Bezahlung in die Wege leiten. Enthusiasten träumen sogar von einem fälschungssicheren und transparenten Wahlsystem via Blockchain.

Was bringt’s?

Das Ziel hinter der Blockchain-Technologie ist grundsätzlich, die handelnden Personen in den Mittelpunkt zu stellen und zwischen ihnen eine direkte Kommunikation beziehungsweise das Abschliessen von Verträgen oder Transaktionen zu ermöglichen. Die Blockchain-Technologie macht Geschäftsmodelle ohne Mittelsmänner möglich, zum Beispiel Wertpapierhandel ohne Banken, Hauskäufe ohne Notar oder Versicherungen ohne Versicherungsmakler. Ausserdem werden Informationen zum Gemeingut, sie gehören nicht mehr denen mit den grössten Servern. «Die Technologie kann uns von den grossen Datenmonopolisten unabhängiger machen», sagt Schwarz. Zum Beispiel könnte die momentan häufig genutzte Identifizierung über ein Facebook-Konto durch jene über eine Blockchain ohne einzelnen Besitzer ersetzt werden.

Macht’s auch Probleme?

  1. Das System ist langsam Das System der Verifizierungen ist sicher, aber umständlich. Es macht die Blockchain-Technologie im Vergleich zu anderen Systemen sehr langsam. Vor allem mit den grossen Datenverarbeitungssystemen der Finanzindus­trie kann eine Blockchain derzeit noch nicht mithalten.
     
  2. Eine Blockchain kann Unmengen an Strom verbrauchen Experten haben berechnet, dass eine Transaktion in der Bitcoin-Blockchain durch die erforderliche Rechnerleistung so viel Strom verbraucht wie eine US-amerikanische Familie an einem Tag. Selbst wenn das zu hoch gegriffen sein sollte, besonders ökologisch ist das nicht, wenn der Strom dafür nicht aus erneuerbaren Energien gewonnen wird.
     
  3. Die Blockchain ist einsehbar Was mit Blick auf die Transparenz ein Vorteil ist, kann auch ein Nachteil sein. Jede Information ist öffentlich, aber nicht jede sollte es immer sein. Es gibt jedoch auch Ansätze, um die vollständige Anonymität von Transaktionen zu gewährleisten, möglich sind auch «private» Blockchains.
     
  4. Es gibt keine Regulatorien über den Code hinaus Die Verifizierung der Blöcke erfolgt nur aufgrund von Codes. Gerade beim Abschliessen von Verträgen gibt es aber meistens Interpretationsspielraum. Über diesen kann auf Basis von Codes nach der Verifizierung nicht mehr geurteilt werden. «Etwas mit Gerichten Vergleichbares gibt es bei Blockchains bisher nicht», sagt Tobias Schwarz.

«All diese Probleme sind der Blockchain-Community aber bewusst und es gibt für alle mittlerweile Lösungsansätze», erklärt Schwarz. Die Technologie ist also eine Erfindung, die noch erwachsen werden muss, um ihr volles Potenzial zu entfalten. 

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