Teambuilding-Special

«Fehler nicht bestrafen, sondern fördern»

Wie kann ein Teambuilding-Event in der Praxis aussehen? Darauf weiss Manuel Angelini, Inhaber der Agentur für Emotion GmbH Antwort. Miss Moneypenny hat mit ihm im MICE Online-Special zum Heft gesprochen. 

Welche Art von Teambuildings organisieren Sie?

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Manuel Angelini

Foto: zVg

Manuel Angelini: Vor allem Indoor-Teambuildings. Mittels Workshops sollen Mitarbeitende ihre eigene Kreativität wieder entdecken, da in Firmen heutzutage vieles reglementiert ist. Konkret bauen wir mit den Leuten etwas, beispielsweise ein Seifenkiste. Das ist für viele aussergewöhnlich, da man selbst Hand anlegen muss und nicht auf digitale Mittel zurückgreifen kann. Da merkt man dann jeweils, dass es wahnsinnig gut tut, etwas selbst und in einem Team geschaffen zu haben.

Also gehen Kreativität und Teambuilding Hand in Hand?

Durch den Prozess kommen die Teilnehmenden in einen Team-Flow und dieser startet den Team-Spirit. Um dorthin zu kommen, sind verschiedene Faktoren vonnöten. Die Aufgabe soll nicht einfach nur beschäftigen, sondern inspirieren sowie fordern, aber nicht überfordern. Wichtig ist auch, dass man einen eigenen Handlungsspielraum hat: es ist in Ordnung, Fehler zu machen. Das ist ganz wichtig, denn in vielen Unternehmen ist das gar nicht mehr erlaubt. Wenn man im Flow drin ist, kann es schon sein, dass die Teilnehmenden jegliches Zeitgefühl verlieren. Genau hier entsteh Kreativität und damit auch der Team-Spirit. 

Ich finde es erstaunlich, wenn eine Firma sagt, die Mitarbeitenden seien nicht motiviert und wir geben ihnen eine solche Aufgabe und es klappt mit der Motivation. Da müsste man sich dann die Frage stellen, was in den Betrieben falsch läuft. Natürlich kann die tägliche Arbeit nicht immer so befruchtend sein wie ein Workshop, aber es gibt ja dennoch in jedem Job einen gewissen Spielraum. 

Welche Learnings ziehen Sie aus solchen Szenarien?

Es hilft, eine «Kultur des Scheiterns» einzuführen: Nicht Fehler bestrafen, sondern diese fördern, da man aus Fehlern ganz viel lernen kann. Sicherlich kann man auch schauen, welche Kommunikationskultur herrscht. Wenn jemand aus der Führungsebene beim Teamwork-Event nicht an die Schnittstellen denkt, wird vermutlich auch sonst nicht viel im Unternehmen kommuniziert. Hier empfehle ich eine offene, ehrliche und authentische Kommunikation sowie Mitarbeitenden mehr Spielraum einzuräumen. Wenn man Personen mitgestalten lässt und ihnen Wertschätzung entgegenbringt, so dass sie das Gefühl haben, das Unternehmen mitprägen zu können, dann kann das für die Motivation sehr hilfreich sein. Die Frage wäre, ob Unternehmen diese Veränderungsprozesse wirklich angehen wollen. 

Wie hilft ein Teambuilding bei der Kommunikation?

Kommunikation ist nicht nur reden, sondern auch zuhören. Wenn alle Leute in der Gruppe reden und keiner hört zu, kommt man zu keinem Ergebnis. Zudem muss man sich auch zurücknehmen können: Wenn ein Teammitglied bessere Argumente hat, sollte man auch einlenken zu können. Das Spannende an solchen Workshop-Situationen: Je besser die Kommunikation in der Gruppe, desto besser die Ergebnisse.  

Agieren Männer und Frauen in Workshop-Szenarien unterschiedlich?

Durch die vorgefertigten Meinungen, spielt oft auch die Gender-Debatte eine gewisse Rolle. In einer Gruppe waren ein Mal ein Mann und drei Frauen. Der Mann hat einfach mal gemacht und die Frauen nicht wirklich mit eingebunden. Das klassische Rollenbild ist ja so, dass Bauen = Mann und Frauen informieren und dekorieren. Solche Stereotypen sind natürlich totaler Quatsch, aber sie werden in Teamevents mitunter auch sichtbar. Da kommen wir wieder zur Kommunikation: Andere anhören und andere Inputs annehmen können – auch vom jeweils anderen Geschlecht. 

Welche Gründe gibt es für ein Teambuilding?

Etwa zwei Drittel der Kundschaft wollen einfach mal wieder ein Teambuilding machen, um ihren Mitarbeitenden ihre Wertschätzung zu zeigen. Es gibt relativ viele, die Teambuilding bei einem Kick-off nutzen. Am Vormittag stehen inhaltliche Themen im Vordergrund. Am Nachmittag geht es in den Teamteil über und wir versuchen, zum Kick-off-Thema wieder eine Brücke zu schlagen. Diese Reihenfolge ist sinnvoll, damit die Euphorie, die ein Teambuilding auslöst, nicht verloren geht.

Was würden Sie Organisatoren raten, wenn es Mitarbeitende gibt, die gar keine Lust auf ein Teambuilding haben?

Diese Personen zumindest dazu überreden, dass sie mitkommen. Ich finde es wichtig, dass sich die Leute wenigstens mit der Situation auseinandersetzen. Wenn sie dann immer noch kein Interesse am Workshop haben, sollte es auch total okay sein, dass sie raus gehen können und einen Kaffee trinken. Meiner Erfahrung nach lassen sich die meisten jedoch knacken: Wenn alle Feuer und Flamme sind, will man nicht aussen vor stehen, sondern dabei sein. 

Kann es sein, dass man von einem Teammitglied in solchen Szenarien auch noch total überrascht werden kann?

Das kommt häufig vor. Einerseits, weil die Leute sich selbst neu kennen lernen, aber auch, weil sich in solchen Workshops Leute auch einfacher öffnen können. Manchmal braucht es ein kleineres Setting, damit die Person aus sich heraus kommen kann. Ich finde, ein Teambuilding fördert die Persönlichkeitsentwicklung – von einem selbst und auch gemeinsam mit dem Team. 

Man merkt relativ schnell, welche Stimmung im Team herrscht – ob es beispielsweise Rivalitäten gibt oder Ähnliches. Spannend finde ich, dass solche Spannungen gar kein Thema mehr sind, wenn man dann mal in den Team-Flow gekommen ist. Das hält höchstens für die ersten zehn Minuten an und dann verschwindet das. 

Was sind die spannendsten Teambuildings, die Sie bislang geplant haben?

Einmal orgaisierten wir einen Ausflug für 80 Leute, mit denen wir auf den Aletschgletscher gegangen sind. Da sind die Leute auch an ihre physischen Grenzen gekommen. Das war schön zu sehen, wie sie sich am Ziel alle um den Hals gefallen sind und das Gefühl hatten, dass sie dadurch näher zusammen gewachsen und ein Team geworden sind. 
Bei einen anderen Event bauten wir mit 200 Jugendlichen an einem Tag ein ganzes Dorf. Die waren so stolz auf ihre Hütten, in denen sie dann auch übernachteten. 

In welche Richtung geht es in Zukunft mit Teambuilding-Events?

Aktivierende Erlebnisse werden in der digitalen Welt sicherlich wichtig bleiben. Es gibt aber auch Teamevents, die ein bisschen weiter gehen. Beispielsweise mittels einem Teamevent Unternehmenswerte sichtbar zu machen. Ich finde es spannend, dass Firmen viel Geld in die Ausarbeitung der Unternehmenswerte investieren, aber die Mitarbeitenden kennen diese oftmals gar nicht oder wissen nicht, was sie bedeuten. In dem Kontext eignet sich Lego Serious Play gut, um diese Werte sichtbar und erlebbar zu machen. In anderen Ländern ist das schon gang und gäbe, aber in der Schweiz ist man noch etwas skeptisch: Arbeit hat hier noch keinen verspielten Charakter und darf keinen Spass machen. Dabei steigert Playful Working sogar den Output des Einzelnen. Teamevents können darum ein gutes Mittel sein um zu zeigen, dass Spass und spielerische Ansätze den Arbeitsalltag definitiv bereichern und erweitern könnten.

Manuel Angelini

Manuel Angelini ist Inhaber der Agentur für Emotion und seit über 25 Jahren im Eventbereich tätig; Kernmotivation ist es, Gäste und Auftraggeber mit spannenden Inszenierungen zu überraschen. Als Dozent unterrichtet er in verschiedenen Eventmanagement-Lehrgängen und mit diesen Erkenntnissen begleitet er Unternehmen bei Entwicklungs- und Innovationsprozessen.

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Online-Redaktorin, Miss Moneypenny. 
luisa.schmidt@missmoneypenny.ch

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