Multimedia

Sprachassistenten im Büro

Schicke Lautsprecher mit integrierter Spracherkennung sorgen derzeit im Wohnzimmer für Furore. Die Geräte lassen sich via Sprachbefehl bedienen. Sie spielen Musik ab, liefern Infos über das Wetter oder den Verkehr. Zudem können sie Geräte im Haushalt steuern. Eignet sich die Technik auch fürs Büro?

Die Hightech-Welt hat einen neuen Hype. Sie heissen Amazon Echo oder Google Home und sehen aus wie diese schicken kleinen Lautsprecher, die derzeit überall in Mode sind, und die drahtlos Musik vom Smartphone wiedergeben. Musik wiedergeben und sogar Filme auf den Fernsehers streamen, das können die Geräte tatsächlich. Musik und Filme kommen hier nicht vom Handy oder von der Festplatte, sie werden vielmehr von Internet-Diensten wie Amazon Music, Spotify oder Google Play Musik gestreamt. Filme werden beispielsweise von Netflix, also ebenfalls aus der Online-Welt geholt.
 
Das Neue daran ist die Tatsache, dass die Lautsprecher nicht mit Tastendruck bedient werden, sondern via Sprachkommando. Die Lautsprecher sind nämlich mit einer ganzen Reihe von Mikrofonen ausgestattet, die den Ton von allen Seiten aufnehmen. Sie verstehen Sprachkommandos, auch wenn man nicht direkt davor steht. 
 
 

Wetterbericht, Verkehrsinfos und andere Dienste

 
Da die intelligenten Lautsprecher auf Sprachbefehle reagieren und mit dem Internet verbunden sind, erledigen sie auch andere Aufgaben. «Alexa, wie wird das Wetter morgen?» Alexa, so heisst die Sprachtechnologie bei Amazon Echo, beantwortet diese Frage ebenso wie die Frage nach dem freien Tisch beim Lieblings-Italiener oder die nach der letzten S-Bahn. 
 
Doch damit nicht genug. Amazon Echo und Google Home steuern Hausgeräte wie Heizung, Klimaanlage, Jalousie oder Beleuchtung – vorausgesetzt, diese Gerätschaften sind mit Amazon Echo oder Google Home kompatibel und lassen sich über Funk ansprechen. Eine ziemlich praktische Sache also. 

 

Sprachsteuerung im Büro?

Eignet sich diese famose Technik auch fürs Büro? Man könnte so im Büro herumlaufen und ganz nebenbei ein Taxi bestellen oder einen Konferenzraum im Terminkalender blockieren. Und vorher schon mal die Heizung hochdrehen. Das alles per Sprachbefehl und ohne das lästige Headset auf dem Kopf.
Ist das realisierbar oder sinnvoll? Die Antwort lautet im Moment: Nein.
 
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen sind die Systeme auf Freizeit und Wohnzimmer ausgerichtet. Der Wetterbericht, der nächste Taxistand, ein leckeres Salatrezept oder Tickets für das Rolling-Stones-Konzert in Zürich, solche simplen Anfragen verstehen Alexa und Co recht gut.
 
Doch im Arbeitsleben ist ein anderer, komplexerer Wortschatz gefragt. Zwar lassen sich die Systeme bis zu einem gewissen Grad trainieren, aber das kostet Zeit. In der schnell getakteten Arbeitswelt ist diese Zeit nicht vorhanden, zumal die Spracherkennung dann immer noch nicht so zuverlässig arbeitet wie beim simplen Grundwortschatz, mit dem die Systeme von vornherein ausgeliefert werden.
 
 

Die Sache mit dem Datenschutz

Ein weiteres Problem ist der Datenschutz. Denn die Sprachbefehle bleiben nicht im Gerät, sondern landen via Internetanschluss – ohne den die Geräte nicht funktionieren – als Audiodatei auf dem Webserver des Anbieters. Dort findet die eigentliche Spracherkennung statt, dort werden auch der persönliche Wortschatz des Anwenders und seine Vorlieben, beispielsweise ein Musikgeschmack, gespeichert. 
 
So erfahren die Anbieter nebenbei eine Menge über das Nutzerverhalten der Kunden. Das Datensammeln gehört nun mal zu den grossen Leidenschaften von Amazon, Google und Konsorten. Aber wer will schon firmeninterne Informationen wie die Kundentermine der Abteilungsleiterin den Webservern von Amazon oder Google anvertrauen?
Unternehmen, die Cloud-Dienste nutzen, erlauben zwar auch, dass ihre Informationen auf einem Webserver gespeichert sind. Doch hier gibt es vertragliche Regelungen, die eine gewisse Sicherheit bieten, dass Aussenstehende nicht auf interne Firmeninfos zugreifen können. 
 

Alternative: Spracherkennung am PC

Wer Spracherkennung im Job nutzen will, muss die Hoffnung aber trotzdem nicht aufgeben. Schliesslich gibt es seit Jahren sehr leistungsfähige Software für den PC. Etwa die Voice-Pro-Serie des deutschen Anbieters Linguatec. Oder Dragon NaturallySpeaking vom Marktführer Nuance – womit übrigens dieser Text diktiert wurde.
Mit beiden Programmen kann man Texte diktieren, Programme steuern und per Sprachbefehl im Internet recherchieren. Diese Programme sind schon ab Werk mit einem umfangreichen Wortschatz ausgestattet, der sich durch Training erweitern lässt. Dann werden auch Fachbegriffe und Spezialausdrücke sicher erkannt.
Das Nutzerprofil und die Daten werden auf dem PC beziehungsweise dem Server des Unternehmens gespeichert. Um den Datenschutz muss man sich keine Sorgen machen. 
 
Übrigens hat auch Branchengigant Apple einen sprachgesteuerten Lautsprecher angekündigt. Der HomePod folgt einem ähnlichen Konzept wie die Lautsprecher von Amazon und Google. Musik hören, Filme streamen und Informationen aus dem Web abrufen, das sind die Haupttugenden des Homepod. Aber auch hier ist der Einsatz im Business eher unwahrscheinlich. 
Der grosse Hype in der Hightech-Welt lässt also im Büro noch auf sich warten.
 
 
 
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Mehmet Toprak ist freischaffender Journalist.

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