Chefentlastung

So werden Sie zum Porsche im Büro

Der Chef hetzt von Meeting zu Meeting, liest abends noch seine Mails und hat keine Zeit, sich Gedanken über Unternehmensstrategie oder Inhalte von Projekten zu machen? Dann hat er zwar jede Menge Stress, aber ganz sicher keine gute Assistenz. Machen Sie es besser und erklären Sie die Chefentlastung zur Hauptaufgabe.

«Eine Top-Assistenz ist immer ein Zeitgewinn für den Chef», sagt Christine Walker. Als ehemalige Assistentin weiss die Unternehmerin, wovon sie spricht. Heute coacht sie Führungskräfte und ihre Mitarbeiter und realisiert dabei Zeitgewinne von 20 Prozent und mehr. Das entspricht einem Arbeitstag pro Woche. Denn in vielen Fällen ist Luft nach oben. Im Durchschnitt sparen Führungskräfte laut einer PLU-Studie durch eine hoch qualifizierte Assistenz rund dreieinhalb Stunden pro Tag ein. Das klingt nach viel, ist es aber in Walkers Augen nicht.

«Viele Chefs haben einen Porsche im Vorzimmer sitzen und fahren mit ihm durch den Acker», sagt sie. Wenn Assistenzen eigenständig in der zweiten Reihe agieren können, sei ein Zeitgewinn von bis zu acht Stunden täglich drin. «Das geht aber nur, wenn der Chef das fördert», sagt Walker. Die Assistenz muss den Chef dafür proaktiv durch den Tag steuern können und nicht nur organisatorische, sondern auch inhaltliche Aufgaben wahrnehmen. Was klingt wie ein reiner Gewinn für den Chef, ist auch für die Assistentin selbst gut. Denn einfache organisatorische Aufgaben werden mehr und mehr ausgelagert oder digital erledigt. «Wer dagegen Prozesse und Strukturen aufbaut sowie für effiziente und reibungslose Abläufe sorgt, der hat in der Assistenz auch in Zukunft eine Daseinsberechtigung» sagt Walker. 

Wer also zum sichtbaren Porsche werden möchte, der muss aktiv werden. Am besten bei den grössten Zeitfressern, die es im Chef- und Office-Alltag gibt. 

Zeitfresser Emails

Das Lesen und Beantworten von Emails kostet viel Zeit. Die hat der Chef nicht. «Das ist auch ganz sicher keine Aufgabe für eine Führungskraft», sagt Walker. Aber zum Glück hat Ihr Chef Sie. Und Sie haben ein System dafür:

  • Do: Strukturieren Sie die Emails für den Chef vor. Sortieren Sie sie nach Prioritäten.
  • Delegate: Beinhaltet eine Email To dos? Wenn ja, für wen? Leiten Sie die Mails weiter an diejenigen, die sie betreffen und die sich darum kümmern sollen. Der Chef ist das nur ganz selten! 
  • Delete: Löschen Sie Emails, die für den Chef  irrelevant sind. Vor allem die, mit den grossen Verteilern. 
  • Done: Legen Sie bearbeitete Mails ab. 

Zeitfresser Meetings

Führungskräfte verbringen laut einer Studie von Bain&Company rund 20 Stunden pro Woche in Meetings. «Und die Hälfte davon ist völlig ineffektiv, weil sie nicht gut vorbereitet sind, die falschen Leute darin sitzen, oder etwas für die Entscheidungsfindung fehlt», sagt Walker. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Chef seine Zeit nicht mehr in solchen Meetings verschwendet: 

  • Bereiten Sie eine Agenda vor
  • Bestimmen Sie die Teilnehmer und laden Sie sie ein. 
  • Holen Sie vorher von allen Input ein und stellen Sie diese Informationen vorab allen zur Verfügung 
  • Bestehen Sie auf einen pünktlichen Beginn und ein pünktliches Ende. 
  • Achten Sie darauf, dass Ergebnisse zustande kommen 
  • Bearbeiten Sie die Sitzung nach: Machen Sie eine To-Do-Liste aus den Ergebnissen, stellen Sie sie den Teilnehmern zur Verfügung und achten Sie darauf, dass die Sachen dann auch wirklich wie besprochen erledigt werden. 

Zeitfresser Schlechte Prioritätensetzung 

Ihr Chef ist ein unstrukturierter Menschen oder einfach zeitlich mit allem überfordert? Dafür sind Sie zum Glück ein Organisationsprofi. «Dieses Talent und Können muss man dem Chef unbedingt zur Verfügung stellen», sagt Walker. Und ihn mit System, Charme und Kompetenz davon überzeugen, dass er sich auf seine Assistenz verlassen kann. 

  • Sortieren Sie die To-Dos des Chefs und sagen Sie ihm, welche er in Ihren Augen weglassen kann und am besten auch gleich, wer sie statt dessen erledigen könnte.
  • Treten Sie dabei selbstbewusst auf. Sie treffen sicher gute Entscheidungen und können Sie deshalb auch vertreten.

Zeitfresser Perfektionismus und Helfersyndrom

Meist kommt nicht nur der Chef mit Aufgaben und Wünschen auf Sie zu, sondern auch die Kollegen. «Viele Assistentinnen sind zu nett und sagen nur selten Nein», sagt Walker. Dabei gehört das unbedingt dazu. Denn ein konsequentes «Nein» nützt nicht nur Ihnen, sondern auch Ihrem Chef. Denn wer zu Unwichtigem Nein sagt, gewinnt Zeit für Wichtiges.  

  • Do: Setzen Sie Prioritäten und machen Sie nur, was wichtig ist und Sie selbst weiterbringt. 
  • Delegate: Gegen Sie Aufgaben weiter, die Sie aufhalten oder behindern 
  • Delete: Manches muss gar nicht gemacht werden, oder zumindest nicht von Ihnen. 

Was aber, wenn Ihr Chef Ihre Hilfe gar nicht will? Wenn er seine Emails lieber eigenhändig bearbeitet, oder Meetings um ihrer selbst willen abhält? Dann versuchen Sie trotzdem, ihn davon zu überzeugen, dass er etwas davon hat, wenn Sie ihn durch den Tag steuern. «Erkennen und benennen Sie den Leidensdruck und zeigen Sie ihm das Paradies auf», sagt Walker. Spätestens wenn Ihr Chef merkt, dass er plötzlich Zeit hat zum Denken oder auf einmal pünktlich Feierabend machen kann, wird er Sie nicht mehr gehen lassen wollen. 

Kasten: 
Buchtipp: 
Freie Tage in der Chefetage 
Christine Walker, Redline Verlag, 2016, ISBN: 978-3-86881-645-7

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