Ethik in Unternehmen

«Mitarbeiter erreicht man nur emotional»

Cornelia Diethelm ist Verantwortliche für Corporate Social Responsibility (CSR) beim Migros-Genossenschafts-Bund. 2014 hat das Unternehmen den Swiss Ethics Award für seine Leistungen zum Wohl der Tiere gewonnen. Das Unternehmen schneidet ausserdem regelmässig bei Ratings gut ab, die unternehmerische Verantwortung bewerten.

Frau Diethelm, wie sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für die Werte der Migros?

Cornelia Diethelm: Am besten erreicht man die Mitarbeiter mit ganz konkreten Aktionen. Zum Beispiel haben wir ein sehr ehrgeiziges Ziel in Bezug auf den Stromverbrauch. Dazu haben wir in allen Unternehmen Stromspartage mit konkreten Verhaltenstipps durchgeführt. Die Aktion wurde ein Erfolg. Um die Werte zu transportieren, muss man die Mitarbeiter emotional ansprechen. Sie einfach zu informieren, ist nicht genug.

Geht das denn bei allen Themen?

Bei manchen einfacher als bei anderen. Das Thema Strom oder jetzt auch unser aktuelles Projekt im Gesundheitsmanagement lassen sich gut verpacken. Es gibt aber auch Themen, bei denen wir auf Informationsveranstaltungen zurückgreifen. Aber auch da: Wir informieren nicht einfach, indem wir eine Broschüre rausgeben. Bei uns stehen die Entscheidungsträger hin und informieren persönlich. Das hat ein anderes Gewicht.

Legen Sie bei Ihrer Rekrutierung Wert auf ethische Kriterien?

Das versuchen wir natürlich, aber könnten wir sicher noch mehr tun. Mein Ziel wäre es, diese Auswahlkriterien langfristig fix in unsere HR-Prozesse zu integrieren. Dank unserer einzigartigen Geschichte und unserem Image als verantwortungsvolles Unternehmen ziehen wir schon heute stark Mitarbeiter an, die unsere Werte teilen.

Wie gehen Sie mit ethischen Dilemmata um?

Ich würde nicht von Dilemmata reden, eher von Zielkonflikten. Wenn eines unserer Ziele ist, beispielsweise das Tierwohl zu erhöhen, dann ist das damit verbunden, dass das Fleisch mehr kostet. Es gilt nun also abzuschätzen, wofür der Kunde bereit ist zu zahlen und wo wir ihn an die Konkurrenz verlieren. Ein verantwortungsvolles Unternehmen schaut sich alle Aspekte an und entscheidet dann je nach Thema. Bei solchen Entscheidungen gibt es nun einmal nicht nur richtig und falsch. Und möglicherweise lässt sich nicht immer das gesellschaftliche Maximum erreichen, was aber nicht heisst, dass man gegen die eigenen Werte verstösst. Vielmehr geht es um einen ständigen Verbesserungsprozess.

Haben Sie als grosses Unternehmen eine Vorbildfunktion?

Ich denke, wir haben schon aufgrund unserer Geschichte diese Funktion. Das hat aber nicht unbedingt mit unserer Grösse zu tun. Je grösser ein Unternehmen, desto höher ist auch die Komplexität und desto schwieriger wird es, gewisse Aspekte zu beeinflussen. Die Schweiz ist ein Land mit 98 Prozent KMU. Die können genauso gut Vorbilder sein – und sind es oft auch.

Inwiefern dienen Ihre CSR-Aktivitäten auch als Marketingtool?

Die Identifikation der Schweizer Bevölkerung mit der Migros ist sehr hoch. Das hat sicher auch damit zu tun, dass wir seit Jahrzehnten Verantwortung übernehmen. Wir gelten als Unternehmen, das glaubwürdig und ganzheitlich agiert. Darum reisst es auch unser Image nicht gerade runter, wenn doch einmal ein Fehler passiert. Unsere Bemühungen werden wahrgenommen.

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Stefanie Zeng ist Online Redaktorin bei Miss Moneypenny. 

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