Headhunter

Mit Profis auf der Jagd nach dem Traumjob

Wer einen neuen Job sucht, schaut für gewöhnlich in die Stellenanzeigen. Doch wenn es ein anspruchsvollerer Posten sein soll, kann auch eine andere Quelle angezapft werden: Headhunter suchen im gehobenen und teilweise auch im mittleren Segment nicht nur Chefs, sondern auch Assistentinnen. Und man muss nicht einmal warten, bis die Talentjäger von sich aus anrufen.

So stellt man sich das vor: Man sitzt am Schreibtisch, das Telefon klingelt, die Rufnummer ist unterdrückt. Eine freundliche, ruhige Stimme fragt diskret: «Können Sie gerade frei sprechen?» Am anderen Ende ist ein Headhunter – oder wie es im Fachjargon heisst: ein Personalberater. Wer denkt, dass solche Anrufe nur Manager ereilen, der irrt. Im Gegenteil: Gute Assistentinnen sind in dieser Branche nicht einfach nur Beifang. Es gibt Personalberatungsunter­nehmen, die sich gezielt auf sie spezialisiert haben. Und diese sehen es gerne, wenn sich qualifizierte Interessentinnen bei ihnen initiativ melden.
 
Was sie anzubieten haben, kann insbeson­dere für Assistentinnen und Office Managerinnen auf Geschäftsführungsebene interessant sein. «Einen Grossteil der Mandate erhalte ich für die Suche nach Executive oder Personal Assistants», berichtet zum Beispiel die Personalberaterin Jeannine Fédier aus Zürich. Gute Chancen als potenzielle Kandidatin hat bei ihr, wer neben der kaufmännischen Ausbildung und sehr guten Deutsch- und Englischkenntnissen auch eine Weiterbildung zur Direk­tionsassistentin und mindestens fünf Jahre Berufserfahrung hat. Aber auch Quereinsteigerinnen könnten zum Zuge kommen: «Ich mag es, wenn der Berufsweg nicht immer ganz gerade war.» Bewerberinnen etwa, die aus der Hotellerie oder dem Eventbereich kommen und entsprechendes Organisationstalent und Flexibilität mitbringen, habe sie auch schon als Personal Assistants vermitteln können. Dennoch seien ein klares CV und ein überzeugendes Motivationsschreiben auch hier wichtig.
 

 

Auch KMU suchen extern

Auch die Human Professional Personalberatung in Zürich ist unter anderem auf die Rekrutierung von Assistentinnen spezialisiert. Hier ist das Stellenangebot eher weit gefasst: «Wir suchen für unsere Kunden von der Empfangs- bis zur Vorstandsassistentin alles», berichtet Geschäftsführerin Anita Reichmuth-Lienhard. Zu ihren Kunden gehören nicht nur grosse Konzerne, sondern auch Mittelständler. Für diese sei der zeitliche – und damit auch der finanzielle – Aufwand ebenfalls geringer, wenn sie über eine Personalberatung suchten. «Auch für die Bewerberinnen kann sich der Zeitaufwand verringern.» Aber nicht nur das: «Für die Stellensuchenden ist besonders Vertraulichkeit ein wichtiges Argument.» Denn wer sich von einer ungekündigten Stelle auf eine neue bewerbe, könne Gefahr laufen, dass der alte Chef mit dem potenziellen neuen Vorgesetzten bekannt sei – und das könne schon einmal zu Unannehmlichkeiten führen. «Solche Situationen können wir vermeiden.»
 
Und wie werden Personalberater auf Kandi­datinnen aufmerksam? «Wir schalten meist Inserate für unsere Kunden. Besonders in­teressiert sind wir aber natürlich auch an ­potenziellen Bewerberinnen, die uns von Assisten­tinnen empfohlen werden, die wir bereits erfolgreich vermittelt haben», berichtet Anita Reichmuth-Lienhard. Auch bei Jeannine Fédier bewerben sich die Kandidatinnen in der Regel auf Ausschreibungen, die sie für auftraggebende Unternehmen auf ihrer Homepage und bei jobs.ch publiziert. Doch auch Initiativbewerbungen kommen bei ihr regelmässig an. «Am besten ist ein persönlicher Anruf, bei dem gleich die wichtigsten Fragen geklärt werden können», erklärt die Expertin. «Wenn das gut läuft, lasse ich mir das CV schicken, vereinbare jedoch, dass die Bewerberin ein Auge auf meine aktuellen Ausschreibungen hält.» 
 

Headhunter und Personalberater - Was sie wollen, was sie bieten

  • Grundvoraussetzungen für Bewerberinnen sind in jedem Fall eine kaufmännische Ausbildung, Weiterbildung zur Direktionsassistentin, evtl. Studium, Sprachkennt­nisse mindestens in Deutsch und Englisch, möglichst auch in Französisch, für den Executive-­Bereich mindestens fünf Jahre Berufserfahrung.
  • Neben einem lückenlosen Lebenslauf wird vor allem auf den professionellen Auftritt geachtet. Dazu gehören Dienstleistungsbereitschaft, Vertrauenswürdigkeit, aber auch z. B. Vertrautheit mit dem Business-Dresscode.
  • Diskrete und gezielte Jobsuche: Davon profitiert auch die Bewerberin, wenn sie z. B. zum Zeitpunkt der Suche noch ungekündigt ist.
  • Wer schon einmal erfolgreich vermittelt wurde, wird in Netzwerke aufgenommen, die zu einem späteren Zeitpunkt erneut von Nutzen sein können.
  • Die Vermittlung einer neuen Stelle ist für den Arbeitnehmer – auch wenn er sich selbst bewirbt – mit keinerlei Kosten verbunden. Das Honorar des Personalberaters zahlt grundsätzlich der neue Arbeitgeber.
  • Achtung: Personalberater haben zwar oft den einen oder anderen Tipp für die Bewerbung parat, sind aber keine Berufsberater. Für Coachings und Standort­bestimmungen gibt es eigene Experten. 
 
Ein genauso wichtiges Kriterium wie die formalen Qualifikationen sind auch für die professionellen Talentjäger die Soft Skills. «Das Wichtigste ist, dass eine Assistentin Sicherheit ausstrahlt», findet Jeannine Fédier. Es komme durchaus vor, dass sie eine ­Bewerberin für das Vorstellungsgespräch empfehle, die nicht gänzlich alle formalen Anforderungen erfülle, weil sie den Eindruck gewonnen habe, «dass sie optimal zum Auftraggeber passt, Einsatzwillen zeigt und in der Lage ist, das Fehlende in der Einarbeitungsphase wettzumachen». Ein Match zu finden, das nicht nur fachlich, sondern vor allem auch auf der persönlichen Ebene funktioniert, darin sieht sie ihre Hauptaufgabe. Deshalb nimmt sie sich Zeit für die persönlichen Gespräche, sowohl mit dem Auftraggeber als auch mit potenziell geeigneten Bewerberinnen.  
 
 

Teilzeitstellen selten

«Bei uns kann sich immer jeder bewerben», sagt Anita Reichmuth-Lienhard. «Manchmal kommt es vor, dass sich eine Tür öffnet, von der man vorher gar nichts wusste.» Auch ihre Erfahrung ist: «Der Typ Mensch muss in das Umfeld des Unternehmens passen. Die Soft-Faktoren sind es, die am Ende dafür oder dagegen sprechen.» Deshalb gebe es auch nicht die perfekte Kandidatin. Ein Beispiel: «Wenn ein Kunde wünscht, dass seine Assistentin auch Kaffee serviert und nach Meetings das Sitzungszimmer aufräumt, gibt es viele Bewerberinnen, die sagen: ‹Das ist aber nicht mein Job.›» Dann muss man eben jemanden finden, der auch solche Aufgaben gern übernimmt.
 
Ob sie für jede Bewerberin einen Job finden könnten? Nein, sagen beide Expertinnen. «Wenn ich eine Initiativbewerbung bekomme mit einem sehr speziellen Profil, bei dem ich weiss, dass ich dafür kaum ein passendes Mandat erhalte, sage ich ab», berichtet Jeannine Fédier. Schwierig werde es auch, «wenn eine Person die Vorstellung hat, in einem Umfeld arbeiten zu können, in dem sie noch nie gearbeitet hat, oder Gehaltsvorstellungen hat, die nicht ihrer Qualifikation entsprechen», betont Anita Reichmuth-Lienhard. Auch Teilzeitstellen würden eher selten angeboten. «Für Stellen unter 60 Prozent sind die Kunden üblicherweise nicht bereit, ein Vermittlungshonorar aufzubringen», so ihre Erfahrung. Eine Be­obachtung von Jeannine Fédier hier: Bei den Bewerberinnen am beliebtesten seien 80-Prozent-­Stellen – die Konkurrenz sei hier deshalb nicht nur zahlenmässig, sondern auch qualitativ besonders gross. Eine räumliche Bindung wiederum müsse nicht unbedingt ein K.-O.-Kriterium sein, sagt Anita Reichmuth-Lienhard – solange sich die Bewerberin nicht auf einen zu engen Radius beschränke, der überdies abseits der grossen Businesszentren liege. «Wir sind aber bei Absagen gegenüber der Bewerberin immer transparent – wir sagen dann, was das Problem ist.»  
 
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