Compliance

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft

In der Weihnachtszeit ist es üblich, den guten Kunden eine kleine Aufmerksamkeit zu schicken. Manchmal gerät diese aber etwas zu gross. Doch was ist wann angebracht und wo lauern die Fallen? Gesetzlich geregelt ist das nicht, doch viele Unternehmen haben hausinterne Compliance-Vorschriften.

Eine Kiste Wein, Eintrittskarten für ein Konzert oder gar ein Tablet-Computer – so manches Unternehmen lässt sich bei den Weihnachtsgeschenken für Geschäftspartner nicht lumpen. Besonders am Ende eines Jahres, in dem man beim Absender eine besonders grosse Bestellung aufgegeben hat. Aber es ist ja Weihnachten, und da sind Geschenke üblich. Oder ist das schon Bestechung?

Klare Regelungen beim Bund

Welche Geschenke sozial akzeptiert und damit nicht als Bestechungsversuch zu werten sind, ist oft Ermessenssache. Unstrittig ist, dass Bargeld kein angemessenes Geschenk ist. Doch wie teuer ein Sachgeschenk sein darf, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Nur für Mitarbeiter von Bundesbehörden und staatlichen Unternehmen gilt laut Gesetz, dass sie Geschenke nur bis zu einem Wert von 200 Franken annehmen dürfen – ausser von Firmen, über deren Anträge sie gerade entscheiden müssen. Die meisten privaten Firmen schreiben sich Regelungen in ihren Compliance-Richtlinien selbst vor.

So wie der Industriekonzern Sulzer in Winterthur. Der Verhaltenskodex der Firma besagt, dass das Anbieten oder Erhalten von Geschenken oder Bewirtungen grundsätzlich nicht gefördert werden darf. Die Mitarbeiter dürfen Geschenke im Wert von bis zu 60 Euro (73 Franken) annehmen, aber nur einmal pro Jahr und Geschäftspartner. Grundsätzlich verboten sind nicht nur Bargeld, sondern auch Bargeldäquivalente wie Einkaufsgutscheine. Welche Weihnachtsgeschenke Sulzer verschickt, hängt auch davon ab, was im Heimatland des Adressaten üblich ist. Aber: «Wenn lokal der Entscheid für Weihnachtsgeschenke erfolgt, dann zwingend im Rahmen der genannten Regeln», erklärt Generalsekretär Carsten Oermann.

Gutscheine tabu

Bei der Firma Schindler in Ebikon sind 80 Franken das Limit für Geschenke, die ein Mitarbeiter annehmen darf, ohne es beim Vorgesetzten anzeigen zu müssen. Eine Obergrenze für den Wert von Geschenken, die das Unternehmen macht, gibt es nicht. «Hier ist einfach mit ­Vernunft zu beurteilen, was adäquat wäre», erklärt Othmar Koch, Group Compliance Officer des Herstellers von Aufzügen und Fahrtreppen. «Ist ein Geschenk zu extravagant, läuft man Gefahr, dass der Beschenkte es zurückschickt.» Auf der Liste von mögli­chen Weihnachtsgeschenken stehen zum Beispiel Kalender, Regenschirme, Uhren oder T-Shirts mit dem Firmenlogo, aber auch Weinpräsente. Gutscheine sind auch bei Schindler tabu.

Für die Mitarbeiter des Basler Spediteurs Pan­alpina gilt: ««Geschenke bis zu einem Wert von 200 Dollar (180 CHF) annehmen ist nicht verboten, nicht aber in Phasen von ­Vertragsverhandlungen», berichtet Markus Heyer, Chief Compliance Officer von Pan­alpina. Wer ein eindeutig nicht angemessenes Geschenk erhält, muss es zurückschicken. Bei Schindler, berichtet Othmar Koch, entscheide im Zweifel der Vorgesetzte, ob ein Mitarbeiter ein Geschenk behalten könne oder ob es der Firma zugutekomme. «Es kann zum Beispiel in der Abteilung aufgeteilt oder bei einer Tombola an der Weihnachtsfeier mitverlost werden.»

Andere Länder, andere Sitten

International tätige Unternehmungen müssen bei der Wahl von Geschenken auch auf lokale Gepflogenheiten Rücksicht nehmen. In Saudi-Arabien etwa sind unter Geschäftspartnern viel grössere Einladungen üblich als in Europa. «In den USA ist man teilweise sehr stark für das Thema Bestechung sensibilisiert», hat Markus Heyer beobachtet. «Für so manchen – in der Regel sind es Anwälte – kann schon ein geschenkter Kugelschreiber ein Problem sein.» Um den Überblick zu behalten über die Unternehmungskulturen in den 70 Ländern, in denen Panalpina tätig ist, hat Markus Heyer eine Datenbank angelegt. Darin kann er bei Anfragen von Kollegen aus China, Angola oder Südamerika nachsehen, welche Geschenke oder Einladungen in welchem Land angemessen sind.

I’m dreaming of a fair Christmas

Fairschenkt
Die Fair Taste Box ist gefüllt mit lauter fair gehandelten und hergestellten Leckereien. Es gibt sie einmalig oder im Abo: Dann erhält der Beschenkte drei Ausgaben, jeweils zu einem bestimmten Thema, zum Beispiel Fair Breakfast. Der Inhalt der Boxen ist ­jedes Mal eine Überraschung. Die Boxen kommen jeweils in der letzten Woche von März, Juni und November beim Empfänger an. Weitere Ideen für faire Geschenke gibt es auf www.claro.ch --> Geschenk-Ideen

Edel und fair
Dass nachhaltige Produktion und Design sich nicht ausschliessen, beweist das Angebot der Öko-Plattform Greensign. Die Produkte auf der Website werden nach verschiedenen Nachhaltigkeitskriterien ausgewählt: Sie sind aus organischem oder recycletem Material, haben beim Transport die Umwelt nicht unnötig belastet, werden mit erneuerbarer Energie betrieben oder wurden von sozialen Institutionen produziert. www.greensign.ch

Hühner verschenken
20 Hühner können für eine mittellose Bäuerin in Indien oder Bangladesch den Schritt in eine selbstbestimmte Zukunft bedeuten. Auch eine Ziege oder eine Tretnähmaschine helfen dabei, unabhängig zu werden. Die Aktion «Hilfe schenken» vom Hilfswerk der Evangelischen Kirchen der Schweiz macht genau das möglich. Dazu gibt es Geschenkurkunden (auf Wunsch mit Logo), für alle, in deren Namen Sie etwas verschenkt haben. Weitere Ideen unter: www.hilfe-schenken.ch/firmengeschenke

 

Auch wenn in manchen Branchen Geschenkwerte bis zu 300 Franken üblich seien, rät der Wirtschaftsanwalt Mark Livschitz von Baker & MacKenzie, Zürich, eher zu Zurückhaltung. Die Empfehlungen, die Branchenverbände dazu abgeben, warnt er, seien manchmal sehr grosszügig und könnten in Grenzfällen nicht unbedingt einem Richterspruch standhalten. Die Strafen, die das Gesetz beispielsweise für  Beamtenbestechung vorsieht, können bei bis zu fünf Jahren Haft oder einer Geldstrafe von bis zu 1,08 Mio. Franken liegen. «Bei Bagatell­fällen wird der Verurteilte in der Regel aber nur bedingt bestraft», erklärt der Anwalt.  

Ein Ausdruck von Höflichkeit

Er rät seinen Klienten grundsätzlich, dass ein Geschenk oder eine Einladung nicht den Wert von 100 Franken überschreiten sollte und nicht öfter als dreimal im Jahr gemacht werden sollte. Er verweist zudem auf einzelne Gerichtsurteile, wonach zum Beispiel eine Flasche Wein oder Schnaps im Rahmen ist, eine ganze Kiste aber nicht mehr. Wenn man aber nur einmal im Jahr ein Geschenk im Wert von 200 Franken mache, «wird kein Richter etwas dagegen sagen.»

Eine Grundregel, ergänzt Livschitz, sollte man immer im Hinterkopf haben: «Geschenke sind kein Marketing-Tool, sondern ein Ausdruck von Höflichkeit.» Wenn man sich bei einem Geschenk nicht sicher sei, empfiehlt er, sich selbst mit einem «Medientest» zu überprüfen: «Würde es mich stören, wenn der Vorgang am nächsten Tag in der Zeitung stünde?», solle man sich fragen. «Wenn das ein Problem wäre, sollte man es lassen.»

Kommentieren 0 Kommentare
Weitere Artikel von Alice Gundlach
Log in to post a comment.

KOMMENTARE

ADD COMMENT