Hoch dekoriert

Während bei Früchten und Gemüsen mindestens fünf pro Tag gilt, ist das bei Accessoires die Obergrenze. Zumindest im Business.

«Das Problem mit Accessoires fängt schon bei der Aussprache an», lacht Larissa Döring, Stilexpertin und Knigge-Beraterin aus Bern. «Accessoire spricht man mit einem hörbaren K aus.» Doch das ist nach Ansicht von Döring noch das kleinste Problem: «Bei der Anwendung wird entweder ‹tannenbaummässig› übertrieben oder es werden Accessoires aus allen Stilrichtungen (natürlich-sportlich, klassisch, extravagant, natürlich-unkonventionell oder romantisch) bunt durcheinandergemixt. Die einzelnen Stile und ihre Wirkung sehen Sie auf Seite 37. Eleganz ist auch Verweigerung und somit ist weniger mehr, rät sie. Accessoires sind der Königsweg zum individuellen Stil. Zudem «fällt der Blick dorthin, wo es hell ist und glänzt», weiss Döring. Damit lässt sich eine Menge Nachteiliges ausgleichen und Vorteilhaftes betonen. 

Accessoires in Bezug auf den Figurentyp

A-Typ: Volants, Schals und Foulards in Gesichtsnähe drapieren.
I/H-Typ: Auffallendes am Dekolleté sowie an Hand- und Fussgelenken platziern.
O-Typ: Blick auf Arm- und Handgelenke und weg von der Mitte lenken.
X-Typ: Accessoires mit runden Formen.
V/Y-Typ: Handtaschen enden auf der Hüfte.

Alle hier beschriebenen Tipps und Tricks müssen am Schluss noch aufeinander abgestimmt werden, beispielsweise eine kräftige Dame mit rundem Gesicht und X-Figur. Hier wäre es sehr unvorteilhaft, nochmals runde Accessoires einzusetzen. Da kommt man an einer persönlichen Beratung nicht vorbei. 

Dresscode Business

Was macht man in Branchen und Unternehmen mit strikten Regeln in Bezug auf Kleidung? «Mit Accessoires wertet man das ganze Outfit individuell auf», findet Döring. «Zudem vereinfacht es das Packen für die Business- oder Ferienreise. Ein Outfit lässt sich mit verschiedenen Accessoires anders interpretieren. Es ist doch schade, wenn man diese Gelegenheit nicht nutzt, wenn man mit der Bekleidung weniger Spielraum hat.» Alles ist im Business ja nicht erlaubt. Es gibt Vorgaben, wie viele Schmuckstücke es sein dürfen: Nämlich fünf*. Die Ohrringe zählen als eines, der Ehering zählt nicht mit, die Brille auch nicht.

Offiziell zählt der Nagellack zwar nicht mit. «Dennoch sollte, wer knallrote Nägel trägt, vielleicht an anderer Stelle etwas weglassen», meint die Expertin. Auch ein auffälliger Reissverschluss oder ein ausgefallener Knopf sollten ihrer Ansicht nach mitgezählt werden. «Eleganz kommt durch Weglassen, somit reicht schon ein einziges Statement-Piece und das Outfit sitzt», erklärt Döring. 

Auswahl der persönlichen Accessoires

Die folgenden vier Fragen sind unerlässlich für einen individuellen Stil: 

1. Welcher Stil unterstreicht die Persönlichkeit – was passt zum Umfeld und zum persönlichen Geschmack? Herauskommt der Haupt- und der Ergänzungsstil, z. B. klassisch mit extra-vaganten Elementen. Wenn man allerdings sämtliche Stilrichtungen bunt zusammenmixt, beweist das wenig Stil, frau ist allenfalls modisch, aber niemals stilvoll unterwegs. 

2. Welche Gesichtsform (oval, rund, eckig, trapezförmig, länglich)? Ein rundes Gesicht mit grossen runden Kreolen in Szene zu setzen, ist wohl der falsche Weg. Diese Analyse ist wichtig für Ausschnitte, Schmuck, Frisur, Brille und Kopfbedeckung.

3. Welcher Figurentyp (A, I/H, O, V/Y, X) und zudem gross oder sehr klein? Was muss hervorgehoben, was kaschiert werden? Eine schlanke Dame mit einer Körpergrösse von 1,79 m und einer X-Figur kann sich einen farbigen Gürtel leisten, was eine kleinen Dame mit einer I/H-Figur nicht tun sollte. Dafür setzt sie ihre schlanken Arme und Beine mit farbigen Accessoires in Szene. 

4. Welche Farbe unterstreicht die Kompetenz der Trägerin und lässt sie strahlen? Punkt 1 bis 3 werden beachtet und dann wird zu einem kühlen Hautton warmer Bernsteinschmuck oder zu weizenblonden Haaren ein schwarzes glänzendes Brillengestell getragen. Dieser Frage wird bei einer differenzierten Farbberatung nachgegangen, denn es gibt mehr als nur vier Schubladen (Frühling, Sommer, Herbst und Winter). Somit ist nicht nur die Farbe der Bekleidung ausschlaggebend, sondern auch die der Accessoires.

Die Accessoires

Gürtel: Wer sichtbare Gurtschlaufen hat, sollte auch einen Gürtel tragen, oder man ist eine Fashionista, die Marlene-Hosen ohne Gürtel trägt, gilt aber nicht für Business.

Strümpfe: Bei Strumpfhosen passieren die meisten Fehler, weil die Farbe nicht zum Hautton passt: Ein dunkelblaues Deuxpièces wird mit braunen Strümpfen mit Gelbstich deutlich abgewertet. 

Schuhe: Mit dem bevorstehenden Winter ist ein Tipp wichtig für alle, die mit dem Dresscode Business unterwegs sind: Stiefel sind im Büro ein No-Go. Zudem müssen Schuhe und Tasche heutzutage nicht mehr unbedingt zueinander passen. Wichtig ist, dass Sie Ihrem Stil treu bleiben und keine romantische Blümchentasche mit klassischen Pumps kombinieren. Zudem empfehle ich, sich bei der Auswahl der Farbe an den untersten Saum des Outfits zu halten oder eine Nuance dunkler zu wählen. Beim Dresscode Business ist man eingeschränkter und es sind Schwarz, Dunkelblau, -grau oder -braun angesagt.
Über allem steht die Pflege der Accessoires, was gerade bei Schuhen zur Geltung kommt. So gehören ein Schuhschwamm und Ersatzstrümpfe in jede Handtasche.

Tücher und Schals: Wer ein rundes Gesicht hat, sollte nicht unbedingt ein Tuch um den Hals knoten. Die horizontale Barriere staucht und lässt das Gesicht noch runder wirken. Lieber ein längeres Tuch oder einen Schal tragen und eine senkrechte Linienführung anstreben. 

Brille: Eckige Gläser verleihen einen eher maskulinen Eindruck, ovale Gläser einen femininen. Bei Brillen lohnt es sich ganz besonders, Zeit zu investieren, damit das Modell zum Gesicht passt.

Schmuck: Da sowohl die Kette als auch die Ohrringe in Gesichtsnähe sind, konkurrieren sie oft miteinander. Hier gilt also Vorsicht. Kleine Stecker hingegen funktionieren fast immer. Wer verschiedene Schmuckstücke kombiniert, sollte darauf achten, dass sie erstens aus dem gleichen Edelmetall sind und zweitens zum gewählten Stil passen. Ein Mix aus gold- oder silberfarbenem Edelmetall kann nur die Frau tragen, zu deren Haut beide Metalle passen. Allerdings empfehle ich da auch nur die Uhr in Bicolor und weitere Schmuckstücke in einer Farbe. Zudem lohnt sich für jede Frau, in Qualitätsschmuck zu investieren.   

Tasche: Die Tasche verleiht dem Outfit den letzten Schliff und muss auf die Proportion der Trägerin abgestimmt sein. Im Business trägt man in der Regel die etwas grössere Tasche, eine Tote (Shopper), eine Softbag/Hobobag, einen Beutel oder ein Kelly/Birkin-ähnliches Modell. Diese passt mit Form, Farbe, Muster, Material und Preiskategorie zum gewählten Stil. Wer einen klassischen Stil pflegt, wählt ein eckiges Modell, während die romantische Trägerin die Hobobag oder einen Beutel bevorzugt. Am Abend wird die Tasche dann kleiner, nach dem Motto, je später der Abend, desto kleiner die Tasche. Auch hier ist Pflege und Erscheinung ein Thema – eine Tasche mit abgewetzten Ecken ist kein Vorzeigemodell. Das Innenleben sollte sich dem Umfeld anpassen. Müssen Laptop oder Unterlagen ständig transportiert werden, so ist es wohl ein eckiges Modell.

Jedes Jahr gibt es sogenannte «It-Pieces». Aber mal ganz ehrlich: Unterstreicht das den individuellen Stil, wenn man kopiert?

Accessoires in Bezug auf die Gesichtsformen

Oval: Die breiteste Stelle sind die Wangenknochen, die Kieferpartie ist nicht besonders ausgeprägt, die Stirn ist halbrund. Dieser Typ kann nicht viel verkehrt machen, sofern Brillen, Hüte und Schmuck zur gewählten Stilrichtung passen.

 

Eckig: Die Keifer- und die Stirnpartie sind eckig. Vom Wangen- zum Kieferknochen verläuft eine senkrechte Linie. Um einen Ausgleich zur Eckigkeit zu schaffen, bieten sich runde Accessoires in Gesichtsnähe an. Auch die Brille sollte abgerundet oder oval sein.

 

Rund: Dieser Typ hat eine runde Stirn- und Kinnpartie und keine ausgeprägten Wangenknochen. Ein Langer, kantiker Schmuck schafft Ausgleich. Halsbänder, kurze Ketten, Kugeln und Kreolen verstärken das Runde und sind damit tabu.

 

Dreieckig/herzförmig: Die breiteste Stelle ist die Stirn, das Kinn ist eher spitz. Ein Brillengestell, bei dem der untere Rand betont ist, mit tieferen Bügeln oder Ketten mit runden Symbolen statt Ketten in Y-Form, die die Gesichtsform unterstreichen.
 

Länglich: Diese Gesichter sind lang und schmal. Alles, was die Länge mildert, kommt zum Einsatz: runde Ohrringe, Halsbänder, kurze Ketten, die auch voluminös sein können. Längere Ketten oder Ohrringe verlängern nochmals das Gesicht.

 

Trapezform: Der Kiefer ist bei dieser Form ausgeprägt und breiter als die Stirn. Halsferne Ketten, kleine Stecker oder kurze Ohrringe sind hier angesagt. Die Brille ist eher schmal und der obere Rand sollte betont werden. 

Die Stile

Natürlich-sportlich

Eigenschaften: bequem, praktisch, unkompliziert, leger
Passform weniger wichtig, Aufmachung selten edel

Kleidung: Shirt, Jeans, Chinos, sportlicher Blazer
Accessoires: Schuhe normalerweise flach oder mit kleinem Absatz (z. B. Sneakers); Schmuck aus Glasperlen, Horn, Holz, Leder; Umhängetaschen, Rucksack aus Plane, Stoff

Stoffe und Muster: Wolle, Jeansstoff, Leder, Leinen, Cord, Flanell, Microfaser, Fleece; Karos, Streifen, Batik, Schriftzüge, Embleme, Ethno

Wirkung: nahbar, natürlich, unangestrengt, lässig

Gegenwirkung: Gefahr, übersehen zu werden

Klassisch-zeitlos

Eigenschaften: qualitativ hochwertig (weniger ist mehr), schnörkellos, keine grossen Farb-kontraste, traditionell, niemals nachlässig

Kleidung: Hosenanzug, Kostüm, Blazer, Poloshirt, Twinset, Trenchcoat

Accessoires: Schuhe: Pumps, (Lack)-Ballerinas
Schmuck aus Edelmetall, Perlen

Stoffe und Muster: Seide, Kaschmir, eleganter Tweed; Längs- und Nadelstreifen, Querstreifen (Marine), Karos (Glencheck), Vichy, Tattersall, Paisley, Burberry

Looks: BritChic, Preppy, Reiter-, Safari-, Marine- und Landhausstil

Wirkung: wertig, elegant, konservativ, förmlich, unaufdringlich, geordnet

Gegenwirkung: könnte langweilig, unmodern, unkreativ wirken, da der Pep fehlt

Romantisch

Eigenschaften: verspielt, detailreich, weich, weiblich

Kleidung mit Volants, Rüschen, Raffungen, Stickereien, Blazer mit Schösschen

Accessoires: Schuhe mit Schleifen oder Blumen

Schmuck: Antikschmuck, Blumen- und Tiermotive, runde Formen

Stoffe und Muster: Spitze, Samt, Stickereien und transparente Stoffe; Gobelin, Empire, florale, asiatische und ornamentale Motive, Arabesken, Animal Prints, Punkte

Looks: Empire-Stil (erhöhte Taille), Lingerie

Wirkung: verträumt, weich, gepflegt, luxuriös, sexy, genuss- und gefühlsorientiert

Gegenwirkung: inkompetent, zu mädchenhaft und/oder zu sexy

Extravagant-unkonventionell

Eigenschaften: edel, asymmetrisch, auffällig, gerade, streng, besonders

Kleidung: Garderobe mit gekonntem Stilbruch

Schmuck und Accessoires: ungewöhnliche Materialien (Horn, Pelz), ungewöhnliche Formen (z. B. Dreieck) und Farben

Stoffe und Muster: aus glatter oder glänzender Oberfläche, (Kunst)-Pelz; grafisch-geometrisch, exotisch, kontrastreich z.B. Hahnentritt, Mondrian, auffällige Embleme, Animal-Print

Looks: unifarben oder kontrastreich (Colour-Blocking)

Wirkung: avantgardistisch, selbstbewusst, dynamisch, autoritär

Gegenwirkung: kann einschüchternd wirken, distanziert. 

Natürlich-unkonventionell

Eigenschaften: originell, unkonventionell, frech, unabhängig, atypisch, praktisch, rebellisch

Kleidung: Garderobe mit gekonntem Stilbruch wie die Extravagante, aber mit anderen -Materialien (Krawatte, Satinkleid zu Wanderstiefeln, Kleider/Röcke mit Stulpen, Bikerjacke und Blümchenkleid), zudem Schichten mit verschiedenen Teilen

Accessoires: flache, feste Schuhe mit stabilen Sohlen (Herrenschuhe, Cowboystiefel);
Taschen: Rucksack oder Umhängetasche; ausgefallener, nicht zu edel wirkender Schmuck

Stoffe und Muster: Tweed, Grobstrick, Jeans; grafische Muster, Karos, breite Streifen, -Camouflage, witzige Motive, Fischgrat, Schriftzüge und Zahlen, Tartans und Exotik-Muster

Looks: Arbeiter-, Piraten-, Biker-, Used- und Militärstil

Wirkung: auffällig, burschikos, männlich

Gegenwirkung: provozierend, verschroben, lächerlich (wenn zu viel)

Larissa R. Döring ist Expertin für Stil & Savoir-vivre und Inhaberin von Bonjour Élégance. Sie berät Firmen oder Privat-personen zum Thema Auftrittskompetenz und führt Workshops zu verschiedenen Themen rund um den persönlichen Stil durch. bonjourelegance.ch

Im Miss Moneypenny Dossier «Dress for Success» finden Sie umfassende Informationen zum Thema Mode im Business. Sie können hier bestellen: missmoneypenny.ch/angebot

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Stefanie Zeng ist Online Redaktorin bei Miss Moneypenny. 

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