Steh-Sitz-Arbeitsplätze

Füdli hoch für mehr Konzentration

Jeden Tag acht Stunden oder mehr Sitzen – das geht in den Rücken. Moderne Büros bieten deshalb immer öfter Arbeitsplätze an, die zum Bewegen einladen. Denn wer Teile seiner Arbeit im Stehen – und Gehen – erledigt, schützt seinen Körper vor einseitiger Belastung.

Stehen am Arbeitsplatz liegt im Trend. Zahlen des Schweizerischen Büroeinrichtungsverbands bueroszene.ch zufolge machten die hiesigen Büromöbel-Anbieter im vergangenen Jahr 50 Prozent ihres Umsatzes mit Steh- bzw. Steh-Sitz-Arbeitsplätzen. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es nur zehn Prozent. «Wenn komplett neue Büroräu-me eingerichtet werden, wählen die Unternehmen meist Steh-Sitz-Plätze», hat auch Dr. Dieter Kissling, Leiter des Instituts für Arbeitsmedizin (ifa), -Baden, beobachtet. «Vor allem grössere Unternehmen entscheiden sich bei Neueinrichtungen für Steharbeitsplätze», berichtet Albert Denz, Präsident von bueroszene.ch.

Arbeitsmediziner und Ergonomen raten heute grundsätzlich zu Steh-Sitz-Arbeitsplätzen. Der Grund: «Häufige Haltungswechsel während der Arbeit sind die Voraussetzung für eine gute Nährstoffversorgung der Bandscheiben, eine gute Durchblutung der Muskulatur und damit auch für eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Gehirns», weiss Albert Denz. Allein für Menschen mit akuten Rückenschmerzen oder Krampfadern sei längeres Stehen nicht förderlich, ergänzt Dr. Kissling.

Arbeitsplätze werden kleiner

Doch auch für gesunde Menschen ist nur im Stehen arbeiten genauso schädlich wie das ausschliessliche Sitzen. Moderne ergonomi-sche Schreibtische sind deshalb höhenverstellbar. Hier gibt es Modelle mit Kurbelantrieb oder mit Elektromotor. Albert Denz rät zu -letzteren, da sie einfacher zu bedienen sind. Besonders praktisch: Unter den elektronischen Modellen gibt es auch solche mit Memory-Funktion, die automatisch in die zuvor gefundene optimale Höhe fahren. Ergänzt werden sie mit einem Bürostuhl, der auf den Benutzer individuell einstellbar ist, so den Rücken optimal stützt und dazu Bewegung im Sitzen fördert.

Doch Tisch ist nicht gleich Tisch, betont -Rainer Klose, Verkaufsleiter Büro beim Hersteller Embru in Rüti: «Gerade bei den elektrisch höhenverstellbaren Tischen kommt es zu grossen Qualitätsunterschieden. Hochwertige Tische garantieren auch bei aus-gefahrener Stehhöhe eine Stabilität, so dass die Tischplatte beim Schreiben im Stehen nicht wackelt.» Dafür sorgen bei vielen -Modellen T-Füsse an den Aussenseiten. Es gibt aber auch Tische mit einem stabilen -Mittelfuss, die sich zum Beispiel auch zu einem Stehtisch für Besprechungen umfunktionieren lassen. Das kann in kleineren Büros hilfreich sein, um den Platz optimal zu nutzen.

«Generell werden Arbeitsplätze kleiner», be-obachtet Stephan Klein, Geschäftsführer des Herstellers Ergodata, Zürich. «Waren früher noch zwölf Quadratmeter oder mehr üblich, sind es heute etwa acht. Die Tische werden dabei schlanker, schlichter.» Moderne steuerbare Sitz-Steh-Tische seien aber auch beim Stromverbrauch deutlich sparsamer geworden. Dazu sind einige Modelle mit Extras ausgestattet: «Eine Schiebeplatte beispielsweise erleichtert die Stromversorgung und vermeidet Kabelsalat», erklärt Rainer Klose.

Und obwohl der Trend gerade zu offenen Büro-landschaften geht, wünschten sich doch viele Mitarbeiter nach wie vor «Privatsphäre», erklärt Stephan Klein: «Bei den Sitzplätzen trifft man häufig an, dass diese zu gegenüber sitzenden Kollegen oder Durchgängen abgeschirmt sind. Entsprechend sollten bei Steh-arbeitsplätzen die Abschirm-Elemente etwas höher sein.»

Stehen bleibt teurer als Sitzen

Eine Alternative zum höhenverstellbaren Tisch ist ein separates Stehpult, das einen bereits bestehenden Schreibtischplatz ergänzt. Der Vorteil dabei: «Es unterstützt den bewussten Wechsel zwischen der Arbeit am Bildschirm und der Arbeit im Stehen», erklärt Albert Denz. Mit einer neigbaren Arbeitsplatte eignet es sich zum Lesen, Korrigieren oder um Unter-lagen beim Diktieren abzulegen. Allerdings nimmt es auch zusätzlich Platz im Büro ein. Wo dieser Platz zur Verfügung steht, kann ein Stehpult sinnvoll sein. Oft wird es mit einer Stehhilfe ergänzt, die nicht zum Sitzen, sondern vielmehr zum Anlehnen gedacht ist. Auch das fördert Positionswechsel.

Doch nicht jede Position eignet sich für jede Tätigkeit. «Für das Arbeiten im Stehen bieten sich Tätigkeiten wie Post bearbeiten, Tabellen ausfüllen oder Lesen an», erklärt Dr. Dieter Kissling. Sitzen eigne sich für konzentriertes Arbeiten wie das Schreiben von Berichten. Alles, wofür man nicht direkt auf den Bildschirm schauen muss, könne man auch im Gehen erledigen, etwa telefonieren. «Und -warum zum Beispiel nicht für ein Mitarbeitergespräch einen Spaziergang einlegen?» Der Arbeitsmediziner rät zu regelmässigen Mitarbeiterschulungen, damit der ergonomische Arbeitsplatz auch optimal genutzt wird.

Bei allen technischen Raffinessen kommt bei den aktuellen Modellen auch die Optik nicht zu kurz. Während die Steh-Sitz-Tische zu Anfang sehr funktional und kantig waren, legen viele Hersteller heute auch Wert auf Design. «‹Form follows function› heisst auch hier die Devise», sagt Albert Denz. «Da heute die meisten Büromöbelsysteme von Designern entwickelt werden, sind auch Steharbeitsplätze so konzipiert, dass sie in ein modernes Büroumfeld passen.»
Die Kosten für Steh-Sitz-Plätze liegen zwar weiterhin über denen für konventionelle Arbeitsplätze.

Dr. Kissling berichtet von 20 bis 30 Prozent höheren Anschaffungskosten, die sich aber schnell amortisierten. Langzeitstudien ergäben regelmässig, dass sich die ergonomi-schen Arbeitsplätze positiv auf die Produktivität der Mitarbeiter auswirkten und zudem den Krankenstand reduzieren könnten.

So nutzen Sie den Steh-Sitz-Arbeitsplatz

  1. Öfter mal die Arbeitsposition wechseln: Das ideale Verhältnis ist 60 Prozent Sitzen, 
25 Prozent Stehen und 15 Prozent Gehen.
  2. 
Diese Aufteilung sollte aber nicht in Blöcken geschehen. Besser: immer mal wieder zwischendurch wechseln.
  3. 
Die Tischhöhe ist sowohl beim Sitzen als auch beim Stehen so einzustellen, dass die Ellen-bogen bei entspannten Schultern auf Höhe der Tastatur sind.
  4. 
Die Oberkante des Computerbildschirms sollte immer auf Augenhöhe sein.
  5. 
Der Bildschirm sollte einerseits nicht in der gleichen Blickrichtung wie das Fenster stehen. -Andererseits darf das Licht aber auch nicht auf dem Bildschirm blenden.

(Empfehlungen vom ifa – Institut für Arbeitsmedizin, Baden)

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