Der Tod des Arbeitnehmers

Stirbt ein Arbeitnehmer während einem Arbeitsverhältnis, wird das Arbeitsverhältnis beendet. Die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers gehen auf dessen Erben über. Sodann ist der Arbeitgeber verpflichtet, den sogenannten Lohnnachgenuss zu entrichten. 

Der Arbeitnehmer hat in der Regel das Arbeitsverhältnis persönlich zu erfüllen. Aus diesem Grund erlischt das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitnehmers von Gesetzes wegen; dies gilt auch dann, wenn er ausnahmsweise zur Erbringung seiner Arbeitsleistung Drittpersonen beiziehen durfte. Nicht möglich ist, dass der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer vor dem Tod im Rahmen des Arbeitsvertrags vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis auf die Erben des Arbeitnehmers übergehen soll.

Lohnnachgenuss

Das Schweizerische Arbeitsrecht verpflichtet den Arbeitgeber in Art. 338 Abs. 2 OR, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers zugunsten von bestimmten Anspruchsberechtigten den sogenannten Lohnnachgenuss zu entrichten. Anspruchsberechtigt für den Lohnnachgenuss sind der Ehegatte, der eingetragene Partner und minderjährige Kinder (1. Kreis) sowie andere Personen, gegenüber denen der Arbeitnehmer eine Unterstützungspflicht hatte (2. Kreis), wobei bei diesen Personen nicht notwendig ist, dass die Pflicht zur Unterstützung gerichtlich festgelegt wurde. Sind im Zeitpunkt des Todes keine solchen Anspruchsberechtigten vorhanden, ist der Lohnnachgenuss nicht geschuldet. Die Personen des 2. Kreises kommen nur zum Zuge, wenn keine Personen des 1. Kreises vorhanden sind. Sind mehrere Berechtigte des gleichen Kreises vorhanden, so hat jede berechtigte Person Anspruch auf ihren Kopfanteil.

Der Lohnnachgenuss ist erst geschuldet, wenn der Arbeitnehmer nach dem Stellenantritt stirbt. Stirbt der Arbeitnehmer nach Abschluss des Arbeitsvertrags und vor Antritt der Stelle, ist kein Lohnnachgenuss zu entrichten. Nach Stellenantritt und vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht der Anspruch auf Lohnnachgenuss unabhängig davon, ob dem Arbeitnehmer vor dem Tod noch Lohn zustand. Auch wenn ein Arbeitnehmer während einer Freistellung stirbt, ist der Lohnnachgenuss geschuldet.

Ab Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des fünften Dienstjahres beträgt die Höhe des Lohnnachgenusses für alle Anspruchsberechtigten insgesamt ein Bruttomonatslohn, nach dem Ende des fünften Dienstjahres zwei Bruttomonatslöhne. Zur Berechnung des Bruttomonatslohnes sind auch die variablen Lohnbestandteile und sämtliche Zulagen, die Lohncharakter haben, hinzuzuzählen. Wurde der Tod durch den Arbeitnehmer selbst verschuldet, so hat dies keine negativen Auswirkungen auf den Anspruch auf den Lohnnachgenuss. Zuwendungen aus Lohnnachgenuss sind in der AHV nicht beitragspflichtig. Ebenso sind keine IV-, EO- und ALV-Beiträge zu bezahlen. Der Lohnnachgenuss wird mit dem Tod fällig. Umfasst der Lohnnachgenuss zwei Bruttomonatslöhne, sind beide gleichzeitig zur Zahlung fällig.

Die Bestimmungen des Obligationenrechts betreffend den Lohnnachgenuss sind relativ zwingend, d. h. sie können nur zugunsten der Anspruchsberechtigten geändert werden. So kann beispielsweise die Zeitspanne des Lohnnachgenusses verlängert werden.

Weitere Forderungen der Erben

Der Lohnnachgenuss steht verschiedenen Anspruchsberechtigten zu. Bestehen aber gegenüber dem Arbeitgeber bereits Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, so gehen diese auf die Erben des Arbeitnehmers über, soweit sie nicht höchstpersönlicher Natur sind.

Insbesondere gehen Ansprüche auf Geldleistung auf die Erben über. Darunter fallen insbesondere die Ansprüche auf den fixen und variablen Lohn, auf Gratifikationen, auf Lohnzulagen und Treueprämien sowie Auslagenersatz, auf Lohnfortzahlung, auf Entschädigungen im Zusammenhang mit Erfindungen, auf Schadenersatz und auf Genugtuung sowie auf Entschädigungen im Zusammenhang mit fristloser, missbräuchlicher oder diskriminierender Kündigung. Notwendig ist aber, dass diese Ansprüche bereits vor dem Tod entstanden sind.

Nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage, ob offene Ferienguthaben ebenfalls gegenüber den Erben zu entschädigen sind. Nicht kompensierte Überstunden oder Überzeit sind hingegen zu entschädigen, soweit der Arbeitnehmer aufgrund der vertraglichen Situation selbst hätte einen Anspruch geltend machen können. Anders sieht die Situation in Bezug auf Arbeitszeugnisse aus. Es steht den Erben nicht zu, ein Arbeitszeugnis für den Verstorbenen zu verlangen.

Forderungen des Arbeitgebers

Hatte der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber Schulden, so werden diese mit dem Tod des Arbeitnehmers zu Schulden seiner Erben. Die Erben treten in die Stellung des Verstorbenen ein. Dabei geht es nicht nur um Geldschulden, sondern auch um andere Verpflichtungen des Arbeitnehmers zu einem Tun oder Unterlassen, soweit diese Verpflichtungen nicht höchstpersönlich sind. Zu denken ist hier einerseits an die Geldforderungen des Arbeitsgebers etwa aus Schadenersatz, Konventionalstrafen, Minusstunden (soweit diese nicht in den Risikobereich des Arbeitgebers fallen), Rückzahlungsverpflichtungen aus Weiterbildungsvereinbarungen oder Lohnrückforderungen aus zu viel bezogenen Ferien. Auch nicht monetäre Verpflichtungen wie etwa die Rückgabe- und Geheimhaltungspflichten, die bereits gegenüber dem Verstorbenen bestanden, gehen ebenfalls auf die Erben über.

Auskunftsrecht der Erben 

Jeder Arbeitnehmer hat gestützt auf Art. 8 des Datenschutzgesetzes (DSG) ein umfassendes Auskunftsrecht in Bezug auf alle durch den Arbeitgeber von ihm gesammelten Daten – unabhängig davon, ob diese Daten als Personaldossier oder Personalakte bezeichnet werden, und unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis beendet ist oder noch andauert. Dieses Auskunftsrecht ist aber höchstpersönlich und nicht vererblich.

Wird Auskunft über Daten von verstorbenen Personen verlangt, so ist sie zu erteilen, wenn der Gesuchsteller ein Interesse an der Auskunft nachweist und keine überwiegenden Interessen von Angehörigen der verstorbenen Person oder von Dritten entgegenstehen. Dabei begründet nahe Verwandtschaft sowie Ehe mit der verstorbenen Person ein solches Interesse. Sind die Voraussetzungen gegeben, kann eine Kopie des Personaldossiers verlangt werden.

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Nicolas Facincani, lic.iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. vfs-partner.ch

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