Value Proposition

Das kann ich für dich tun!

Gute Assistentinnen kennen nicht nur die Bedürfnisse ihrer Kunden, sie wissen auch womit sie ihnen einen Mehrwert schaffen können. Daniela Leutwyler, Assistentin bei Strategyzer, erklärt wie man zum strategischen Partner wird. 

Frau Leutwyler, Ihr Workshop am diesjährigen Assistants’ Day heisst «Kennen Sie Ihre Value Proposition?». Worum geht es da genau? 

Kurz gesagt, geht es darum herauszufinden, wie man für seine Kunden den meisten Wert generieren kann. 

Der Kunde ist der oder die Vorgesetzte? 

Genau, aber eben nicht nur. Assistentinnen sind Drehscheiben und haben als Dienstleister fast immer mehrere interne wie externe Kunden oder Kundengruppen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen. Eine Teamassistentin zum Beispiel kann eine ganze Reihe von Kunden haben. Das ist sehr anspruchsvoll. 

Wie geht man vor, um den eigenen Wertbeitrag zu identifizieren? 

Zuerst einmal ist es wichtig herauszufinden, worauf der Kunde am meisten Wert legt und wie das zu dem passt, was man selbst anbieten kann. Ich empfinde es als hilfreich, ganz genau zu erfassen, was die Aufgaben des Kunden, in diesem Fall des Chefs, sind, wo seine Probleme liegen und welche Resultate er schlussendlich erzielen will. Dem stellt man dann die eigene Value Map gegenüber, wo aufgelistet ist, welche Produkte und Dienstleistungen man selbst bietet, wie diese Dienstleistungen die Probleme des Kunden lösen und/oder für ihn Gewinn erzeugen können. 

Wie genau muss man dabei sein?

So genau wie möglich. Assistentinnen und ihre Chefs arbeiten sehr eng zusammen. Dies mittels eines Tools wie dem Value Proposition Canvas zu visualisieren, schafft zuallererst eine gemeinsame Sprache. Wenn man das erste Mal systematisch alle Aufgaben zusammenträgt, hilft es natürlich, wenn man den Kunden schon ein wenig kennt und weiss, was für ihn wichtig ist. Bei den Aufgaben lohnt es sich, sehr konkret zu sein. Dort können beispielsweise Dinge wie «nie mehr als zehn Minuten Verspätung haben», «den Geburtstag der Frau nicht vergessen» oder «Resultate liefern» genannt werden. Die Aufgaben können sozialer, emotionaler oder wirtschaftlicher Natur sein. Neben den Aufgaben werden zusätzlich die Probleme aufgezählt, also Faktoren, die den Kunden daran hindern, seine Aufgaben zu erledigen: zum Beispiel «zu viele Meetings», «nicht die richtigen Leute am richtigen Ort» usw. Und nicht zuletzt geht es um die Gewinne, also die Resultate oder Vorteile, die der Kunde erzielen will. Das kann alles sein, von «mehr Lohn» über «mehr Anerkennung» bis hin zur «Einhaltung des Budgets». Darüber erfährt man, worum es einer Person ganz konkret geht.

«Ich wünsche mir, dass sich Assistentinnen als strategische Partner begreifen.»

Das klingt sehr aufwendig ...

Ist es auch. Doch es gilt, je konkreter desto besser. Im nächsten Schritt definiert der Kunde die zehn wichtigsten Aufgaben. So erkennt man, worauf es ankommt, und kann entsprechend priorisieren. Bei den Problemen geht es anschliessend darum herauszuschälen, welche ihn am meisten zurückhalten, die gewünschten Gewinne oder Resultate zu erreichen. 

Ist es nicht ziemlich schwierig, all diese Informationen zusammenzutragen?

Natürlich. Wenn man schon eine Weile für den Chef arbeitet und ihn bereits besser kennt, kann man viel Vorarbeit selber leisten. Wer erst seit kurzem zusammenarbeitet, muss mehr erfragen. Am allerbesten finde ich aber die Variante, einfach mal einen oder zwei Tage jeden Schritt des Vorgesetzten mitzumachen und genau zu schauen, was wann passiert. 

Vermutlich führen viele Assistentinnen ihre Aufgabe aus dem Bauch heraus ganz ähnlich aus. Warum ist eine Methode wie Ihre trotzdem wichtig? 

Das ist richtig. Das sind auch generell dann diejenigen, die sich aber auch immer noch weiter verbessern möchten, und genau denen kann ein Tool wie der Value Proposition Canvas helfen, ihre Tätigkeit noch einmal explizit zu durchdenken und das, was man schon sehr gut macht, noch etwas systematischer anzugehen, um auf das nächste Level zu kommen. Ganz allgemein wünsche ich mir, dass Assistentinnen in der Schweiz nicht mehr einfach darauf warten, dass sie gesagt bekommen, was sie zu tun haben. Sie sollen sich als interne Unternehmerinnen verstehen, als Sparringspartner. Dazu gehört auch, dass sie sich als strategische Partner begreifen und ganz konkret zeigen, wo sie Mehrwert für den Chef bieten. Beim Wort Strategie denken wir gern an Zahlen, dabei geht es vielmehr um das Verständnis vom grossen Ganzen. Und es geht auch darum, sich immer wieder zu überlegen, welche neuen Dienstleistungen man seinen Kunden anbieten kann, damit diese ihre Ziele erreichen können. Also proaktiv Wert zu kreieren, statt passiv auf neue Aufträge und Aufgaben zu warten.

Gab es Aha-Erlebnisse bei Ihnen, die Sie aufgrund der Methode hatten? 

Oh ja! Ein grosses Aha-Erlebnis hatte ich, als ich die Methode kennengelernt habe, weil mir bewusst wurde, dass ich das intuitiv schon immer so gemacht habe. Ein weiteres Aha-Erlebnis hatte ich, als ich mich daran erinnerte, wie ich einmal meinen damaligen Chef auf Geschäftsreise nach New York begleitete. Zuvor hatte ich diese Reisen immer auf Grundlage der Informationen von Google Maps organisiert. Nachdem ich aber mitgefahren war, konnte ich viel besser planen, da ich wusste, worauf ich achten musste, z. B. hinsichtlich des Zeitbedarfs für den Weg von A nach B. 

Die Kundenseite ist ja nur die eine. Demgegenüber steht die eigene Value Map. Wie kommt man zu der? 

Indem man sich ganz explizit bewusst macht, was man kann, und aufhört sein eigenes Licht unter den Scheffel zu stellen. Mit der Value Map kann man genau zeigen, wo man überall (Mehr-)Wert für den Chef schaffen kann. Zentral ist dabei eine Liste der eigenen Dienstleistungen. Auch hier gilt, die eigenen Fähigkeiten so genau wie möglich zu beschreiben: Französisch, Englisch, Reisen buchen, Kalender verwalten, aber auch Dinge wie das eigene Netzwerk. Wer ein gutes Netzwerk hat, kann zum Beispiel für den Chef einen kurzfristigen Termin mit einem anderen Chef ermöglichen. Auch das ist eine Dienstleistung. 

Was, wenn es grosse Lücken zwischen dem gibt, was der Kunde braucht, und dem, was eine Assistentin kann? 

Anhand der Lücken sieht man wunderbar den Weiterentwicklungsbedarf und kann dann viel besser kommunizieren: «Wenn es dein Ziel ist, mit einer neuen Website besser wahrgenommen zu werden, und ich mich um dieses Projekt kümmern soll, dann wäre es gut, ich würde mich mit Projektmanagement besser auskennen. Oder auch mit HTML.» So sieht der Kunde sofort seinen Gewinn und muss hoffentlich nicht mehr gross von der Weiterbildung überzeugt werden. Und: Nicht für alles braucht es eine explizite Weiterbildung. Es gibt heutzutage so viele Online-Tutorials, mit denen sich neue Fähigkeiten erlernen lassen. Ich zum Beispiel habe bemerkt, dass sich vieles in der Remote-Tätigkeit sehr gut mit Evernote organisieren lässt. Darum arbeite ich mich jetzt in dieses Tool ein, damit ich auch von unterwegs immer Zugriff auf alle wichtigen Daten habe. Ausserdem habe ich immer die Augen offen, wo ich etwas automatisieren kann. Damit entsteht dann auch wieder Luft für Weiterentwicklung.

Zur Person

Daniela Leutwyler ist seit August letzten Jahres Personal Assistant von Alex Osterwalder, Autor, Keynote-Speaker und Co-Founder von Strategyzer AG, einem Unternehmen, das Unternehmen hilft, ihre schwierigsten Herausforderungen im Bereich Innovation und Strategie zu lösen, indem es ihnen die Tools dafür gibt und ihnen beibringt, diese richtig zu nutzen. Erst ein paar Monate zuvor, im März 2018, hatte sie sich als Virtual Assis-tant mit dem Ziel, zukünftig standortunabhängig ihrem Beruf nachgehen zu können, selbständig gemacht. Leutwyler blickt auf über 20 Jahre Berufserfahrung als Assistentin zurück, zuletzt war sie über sieben Jahr lang Executive Assistant von Marc Walder, CEO Ringier AG.

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Stefanie Zeng ist Online Redaktorin bei Miss Moneypenny. 

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